Wie schreibe ich einem Gefangenen?

Gefängnispost

Es gibt Tausende politische Gefangene auf der ganzen Welt, die meisten von ihnen in Ländern, in denen die Demokratie dauerhaft gefährdet ist und eine abweichende Meinung hart bestraft wird. Sie können politischen Gefangenen helfen, indem Sie ihnen per Gefängnispost zeigen, dass die Welt sie nicht vergessen hat. Gefängnispost hat zum Beispiel der Menschenrechtsanwältin Nasrin Sotoudeh geholfen und dazu beigetragen, dass sich ihre Haftbedingungen verbesserten und sie schließlich temporär freikam. Post an politische Gefangene hilft, weil dem Gefängnispersonal damit gezeigt wird, dass die Inhaftierten im Ausland bekannt sind und sie nicht willkürlich behandelt werden können.

Post an Gefangene hilft!

Gefängnispost ist eine einfache und wirkungsvolle Möglichkeit, politische Gefangene zu unterstützen. Die Kosten und der Zeitaufwand sind gering, und die Gewissheit, einem Menschen in Not geholfen zu haben, ist sehr befriedigend. Jeder Brief, jede Postkarte kann ein Schutz vor Repressalien oder gar Folter sein. Denn sie signalisieren dem Gefängnispersonal, dass die inhaftierte Person international hohes Ansehen genießt und ihr Schicksal im Ausland kritisch verfolgt wird. Daneben geben sie psychologischen Halt.

Immer wieder berichten Inhaftierte nach Ihrer Freilassung, wie sehr ihnen die ins Gefängnis geschickten Briefe geholfen haben und wie sie daraus Hoffnung und Zuversicht schöpfen konnten – selbst wenn sie die Verfasser nicht kannten und die Sprache nicht beherrschten.

In vielen Ländern möchten die Machthaber bei den Gefangenen ein Gefühl der Hilflosigkeit und Einsamkeit erzeugen, um ihren Widerstand zu brechen. Jede Post von außen hilft den Opfern daher, diese Situation besser zu bewältigen und gibt ihnen das Gefühl, nicht völlig vergessen zu sein.

Deshalb: Schreiben sie Inhaftierten ins Gefängnis – eine Postkarte genügt!

Antworten auf häufige Fragen

Beim Schreiben der Briefe gibt es keine genauen Vorgaben. Wichtig ist, dass es in den Briefen darum geht, den Gefangenen Mut zuzusprechen und ihnen zu zeigen, dass sie in der Welt nicht vergessen sind. Es sollte keine Kritik an der politischen Situation im Land, an Behörden oder Politikern geäußert werden. Gerne können Sie in Ihrem Brief auch etwas über sich erzählen oder aus Ihrem eigenen Leben berichten. Für viele Gefangene ist es bereits sehr tröstlich, wenn sie zumindest gedanklich für ein paar Minuten ihrer eigenen Zelle entkommen können und etwas aus der Außenwelt erfahren.

Auf unserer Homepage porträtieren wir eine Vielzahl von politischen Gefangenen aus verschiedenen Ländern. Sofern bekannt, finden Sie die jeweilige Gefängnisadresse unterhalb des jeweiligen Portraits. Falls die genaue Haftadresse nicht auffindbar ist, Sie aber die Stadt und den Namen des Gefängnisses oder Lagers kennen, wird Ihre Postkarte oder Ihr Brief ankommen. In vielen Ländern haben Straßen weder Namen noch Nummern – selbst in wohlhabenden Wohnvierteln.

Die Portraits der politischen Gefangenen finden Sie hier.

Selbst dann, wenn der Gefangene vermutlich kein Deutsch versteht, können Sie ihre Briefe auf Deutsch verfassen. Schreiben Sie besser auf Deutsch als überhaupt nicht – die Gefangenen freuen sich über jede Zuwendung und auch auf Deutsch stellt Ihre Post einen Schutz für den Gefangenen dar. Falls es Ihnen möglich ist, empfehlen wir, auf Englisch zu schreiben, da viele der Gefangenen neben ihrer Muttersprache auch gutes Englisch sprechen. Beherrschen Sie die Muttersprache des Gefangenen? Schreiben Sie ihm ruhig in dieser Sprache. Die Post für den Gefangenen ist dadurch auch für die Beamten transparenter, die diese kontrollieren.

Oft ist unklar, ob Postkarten und Briefe politischen Gefangenen überhaupt ausgehändigt werden. Selbst wenn Sie Ihren Brief oder Ihre Postkarte als Einschreiben mit Rückantwort verschicken und eine Empfangsbestätigung (der Gefängnispoststelle) erhalten, bedeutet das nicht, dass Ihr Schreiben den Gefangenen tatsächlich erreicht hat.

Außerdem haben politische Gefangene oft nur eine eingeschränkte Schreiberlaubnis oder dürfen überhaupt nicht schreiben. Andere haben keine Möglichkeit zu schreiben, weil ihnen Schreibzeug und Briefmarken fehlen. Selbst wenn Gefangene Ihren Brief erhalten haben und antworten konnten, kann die Antwort trotzdem von den Behörden beschlagnahmt worden oder bei der Post “verloren” gegangen sein. Erhalten Sie dennoch eine Antwort – vom Gefangenen, einer Behörde oder einem Dritten – dann leiten Sie diese oder eine Kopie bitte an die IGFM weiter. Bitte schicken Sie auch die Empfangsbestätigung an die IGFM, denn sie ist für die IGFM ein Hinweis darauf, dass der Betreffende noch unter der Haftadresse erreichbar ist. “Verschwindenlassen” in der Haft oder häufige Verlegungen, um den Kontakt zu einem Gefangenen zu erschweren, sind leider noch immer bedeutende Probleme.

Pakete an Gefangene können sehr problematisch sein. Wenn die Gefangenen Päckchen oder Pakete erhalten dürfen, dann gibt es in der Regel nicht nur Vorschriften zum Inhalt, sondern vor allem auch zur Anzahl der Pakete pro Monat. Wird ihr Paket durchgelassen, verweigert man dem politischen Gefangenen möglicherweise ein für ihn wesentlich wichtigeres Paket von seinen Angehörigen. Darüber hinaus müssen manche Gefangenen bei Haftantritt angeben, wer ihnen Pakete schicken darf. Ihr Paket würde möglicherweise zurückgewiesen oder beschlagnahmt, ohne sein Ziel zu erreichen. Die Angehörigen wissen meistens am besten, was der Gefangene benötigt. Sie selbst leiden durch die Haft oft auch materiell, denn noch immer sind die meisten politischen Gefangenen Männer, die vor ihrer Verhaftung den Lebensunterhalt ihrer Familien bestritten haben. Auch die Ehefrauen und Kinder der Gefangenen sind oft auf Unterstützung angewiesen. Falls die Kontaktdaten von Angehörigen bekannt sein sollten und die Angehörigen es wünschen, kann ein Paket an die Familie sinnvoller sein als an die Gefangenen selbst. Ohne Absprache mit den Angehörigen oder wenigstens genaueren Informationen zur Situation des Gefangenen rät die IGFM von Paketen eher ab.

Ein größeres Problem ist darüber hinaus Diebstahl durch Gefängnispersonal. Falls Sie etwas schicken, das für das Gefängnispersonal uninteressant ist, erhöht das die Wahrscheinlichkeit, dass der oder die Gefangene das Paket erhält. Um Diebstahl vorzubeugen kann das Paket eine Packliste enthalten, im Begleitbrief kann der Inhalt erwähnt werden. Alle Briefe und Pakete sollten nummeriert werden. Eine Garantie, dass ein politischer Gefangener seine Post erhält, hat man leider nie. In vielen Haftanstalten ist zudem der Empfang bestimmter Güter verboten. Dazu gehören oft Bücher und andere Drucksachen.

Hilfe für Gefangene ist am effektivsten, wenn sich viele Menschen beteiligen. Erzählen Sie also gerne Ihrer Familie und Freunden, Kollegen und Kommilitonen von Gefängnispost und motivieren Sie diese ebenfalls zum Briefeschreiben. Je mehr Menschen sich beteiligen, umso größer ist die Wirkung.

Sie können den Gefangenen außerdem helfen, indem Sie Appelle an die offiziellen Stellen des jeweiligen Regimes richten. Adressen und Appellvorschläge finden Sie am Ende der Portrait-Texte der politischen Gefangenen.

  • Postkarte-Abtin
  • Postkarte-Radjabi

Weitere Textbeispiele finden Sie unten.

Politischen Gefangenen zu schreiben kann sehr erfüllend sein – machen Sie mit!

Denken Sie beim Schreiben an die Person, der Sie helfen. Denken Sie an die enorme Zahl von Gefangenen, die durch Briefe von Misshandlungen verschont blieben, andere Hafterleichterungen erhalten haben oder – im besten Fall – aus der Haft entlassen wurden. In manchen Fällen, in denen Gefangene die Möglichkeit hatten zu antworten, sind durch solche Briefe dauerhafte Freundschaften gewachsen.

Wenn Sie noch unsicher sind oder nicht genau wissen, was Sie schreiben sollen, finden sie hier zwei Textbeispiele auf Deutsch und Englisch, die Sie für Ihre eigenen Briefe nutzen können.

Wir wünschen Ihnen viel Spaß beim Verfassen der Gefängnispost!

Deutsch:

Liebe/r …,

ich bin … . Ich habe von Ihrem Schicksal erfahren und möchte Ihnen mit diesem Brief sagen, wie sehr ich Ihren Einsatz für … und ihren Glauben an eine bessere Welt bewundere. Sie sollen wissen, dass sie nicht vergessen wurden und dass Menschen auf der ganzen Welt an Sie denken. Ich hoffe, dass Sie trotz der schweren Zeit voller Hoffnung und Zuversicht bleiben können und wünsche Ihnen, dass sie bald wieder nach Hause zu Familie und Freunden zurückkehren können

Ich denke an Sie und wünsche Ihnen alles Gute!

Viele Grüße

Englisch:

Dear …,

I am … . I have learned about your fate and with this letter I would like to tell you how much I admire your commitment to … and your belief in a better world. I want you to know that you have not been forgotten and that people all over the world are thinking of you. I hope that despite the difficult time you can remain full of hope and confidence and I wish that you can return home to family and friends soon.

I am thinking of you and wish you all the best!

Many greetings

Deutsch:

Liebe/r …,

in den Medien und Nachrichten in meinem Land stößt man immer wieder auf Ihren Namen und wird auf Ihre aktuelle Situation hingewiesen. Dieses Schreiben soll Sie wissen lassen, dass Ihr Einsatz für Menschenrechte international große Anerkennung findet und dass die Welt Sie nicht vergessen hat. Wir alle hoffen, dass Sie trotz der schwierigen Situation, in der Sie sich befinden, bei guter Gesundheit sind und man Sie fair behandelt. Ich wünsche Ihnen, dass Sie bald wieder frei und mit ihrer Familie und Angehörigen vereint sein werden. Bleiben Sie tapfer.

Mit freundlichen Grüßen

Englisch:

Dear …,

Every now and then your name and story are mentioned in the news and media around here to make people aware of your situation. This letter is to let you know that your commitment to human rights finds great respect and appreciation internationally and that the world has not forgotten you. We all hope that despite the difficult situation you are in, you are well and treated fairly. We hope you will be released and reunited with your family and loved ones soon. Stay strong.

All the best,

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