Appell an die Türkei

Zum 100. Jahrestag der Staatsgründung richtet die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte Forderungen zur Wahrung der Religionsfreiheit und Minderheitenrechte sowie die Presse- und Meinungsfreiheit an die Türkei. Die IGFM verlangt die Freilassung aller politischen Gefangenen und die Unabhängigkeit der Justiz.
100 Jahre Türkei
IGFM fordert Achtung der Menschenrechte
Frankfurt am Main, 27. Oktober 2023 – Anlässlich des 100. Jahrestages der Staatsgründung am 29. Oktober fordert die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) von der Türkei die Achtung der Menschenrechte.
„Wenn die Türkei Mitglied der westlichen Wertegemeinschaft sein will, muss sie die Religionsfreiheit und Minderheitenrechte sowie die Presse- und Meinungsfreiheit schützen“, betont die IGFM und fügt hinzu: „Wir fordern die Freilassung aller politischen Gefangenen, darunter zahlreiche Journalisten, und die Unabhängigkeit der Justiz. Zudem muss die Türkei sofort die Bombardierungen Nordost-Syriens und im Nordirak einstellen.“
Die türkische Regierung müsse alle Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte, die eine Freilassung von Journalisten, Politikern und Menschenrechtsverteidigern fordern, unverzüglich umsetzen, verlangt die IGFM.
Die EU-Kommission hat zuletzt 2022 festgestellt, dass sich die Menschenrechtslage in der Türkei weiter verschlechtert und die Aktivitäten von Journalisten, Schriftstellern, Anwälten und Menschenrechtsverteidigern eingeschränkt werden.
Die IGFM erinnert daran, dass sich die Türkei vor hundert Jahren im Lausanner Vertrag von Juli 1923 mit ausdrücklicher Bezugnahme auf die nichtmuslimischen Minderheiten zur Gleichbehandlung aller Staatsbürger unabhängig von ihrer Religionszugehörigkeit verpflichtet hat.
Die IGFM begrüßt, dass der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan kürzlich eine syrisch-orthodoxe Kirche in Istanbul eröffnet hat. Es ist die erste in 100 Jahren, die mit offizieller Billigung der Regierung gebaut wurde!
Dem müssen aber weitere Schritte folgen:
- Verankerung von Minderheiten- bzw. Volksgruppenrechten in der Verfassung und Ratifizierung der Europäischen Charta für Regional- oder Minderheitensprachen.
- Rechtliche Anerkennung des griechischen Patriarchats in Istanbul und offizielle Anerkennung des Titels „Ökumenischer Patriarch“.
- Vollständige Umsetzung des Dekrets aus dem Jahr 2011 zur Rückgabe bzw. Entschädigung bei enteignetem Eigentum nichtmuslimischer Stiftungen.
- Öffnung der seit 1971 geschlossenen theologischen Hochschule der griechisch-orthodoxen Kirche auf Chalki und Öffnung des Heilig- Kreuz-Seminars der armenisch-orthodoxen Kirche.
- Anerkennung der gegen die Armenier, Assyro-Aramäer und andere Christen gerichteten Pogrome von 1915 im damaligen Osmanischen Reich als Völkermord und entsprechende Zulassung offizieller Gedenkveranstaltungen.
- Beendigung der Landenteignungen zu Lasten der syrisch-orthodoxen Klöster im Tur Abdin im Südosten der Türkei, insbesondere beim Kloster Mor Gabriel.