Vladimir Nowitski verstorben

Die IGFM trauert um ihren langjährigen Mitarbeiter Vladimir Nowitski, der in der Nacht vom 3. auf den 4. April 2025 verstarb.
IGFM trauert um Präsidenten der russischen Sektion, Rechtsanwalt Vladimir Nowitski
Frankfurt am Main/ Moskau, 6. April 2025 – Der Präsident der russischen Sektion der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM), Rechtsanwalt Vladimir Michailowitsch Nowitski, ist in der Nacht vom 3. auf den 4. April 2025 im Alter von 68 Jahren plötzlich und unerwartet verstorben. Die IGFM trauert um einen langjährigen Mitarbeiter und guten Freund. Wir sind in Gedanken bei seiner Familie und drücken unser tief empfundenes Mitgefühl aus.
Vladimir Nowitski, Experte für europäische Rechtsgeschichte, gehörte zu den längsten Mitarbeitern der IGFM. Von 1992 bis 1997 arbeitete er in der Frankfurter Geschäftsstelle mit dem Gründer der IGFM, dem Exilrussen Iwan Agrusow, eng zusammen. Er leitete nach dem Zerfall der Sowjetunion das Moskauer Büro der IGFM und implementierte russlandweite EU-Projekte zum Aufbau einer bürgerlichen Gesellschaft. Schon 2012 warnte er in seiner Analyse des damals eingeführten Gesetzes „Über ausländische Agenten“ vor einer Rückkehr in stalinistische Zeiten und organisierte eine Menschenrechtskonferenz zum Thema in Moskau.
Vladimir Nowitski nahm von 2015 bis 2021 an zahlreichen Jugend-Projekten der IGFM teil, die vom deutschen Auswärtigen Amt gefördert wurden. Hier konnte die IGFM, die historisch bedingt Sektionen in allen Ländern der Östlichen Partnerschaft hat (Armenien, Aserbaidschan, Belarus, Georgien, Moldau, Ukraine) als einzige Nichtregierungsorganisation mit allen Sektionen länderübergreifend zusammenarbeiten. Mit dem Ziel der Stärkung von Demokratie und Zivilgesellschaft konnten unvergessliche gemeinsame Momente im Jugendaustausch erlebt und die Entwicklung gemeinsamer Medienplattformen erreicht werden.
Es war gerade Vladimir Nowitski, der diese Begegnungen mit Lebensfreude erfüllte und einen ganz besonderen Zugang zu den Jugendlichen hatte. Ungeachtet der so ernsten Menschenrechtsthemen und der häufig damit verbundenen traumatischen Erlebnisse, war es Vladimir Nowitski, der alle Teilnehmenden immer wieder mit seinem wundervollen Humor zum Lachen brachte.
Die letzte geplante Veranstaltung der IGFM in Moskau stellte sich im Jahr 2019 schon als sehr schwierig dar, da es nicht möglich war, für eine Veranstaltung von Menschenrechtlern einen Raum anzumieten. Eine offizielle Zusammenarbeit mit der IGFM war für die russischen Kollegen schon zu dieser Zeit nur noch unter großen Risiken möglich. Spätestens mit Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine war jegliche Kommunikation unmöglich. Sich in dieser Zeit für die Menschenrechte zu engagieren, erforderte die Bereitschaft, dafür ins Gefängnis zu gehen und sein Eigentum zu verlieren. Nicht jeder Menschenrechtler war und ist dazu bereit. Vladimir Nowitski, Ehemann und Vater von vier Kindern, war es nicht. Die IGFM hat dies verstanden und respektiert.
Im Frühjahr 2023 gelang noch ein letztes gemeinsames Arbeitstreffen mit der IGFM-Sektion in Armenien, wo Nowitski seine tiefe Betrübnis über die Entwicklungen zum Ausdruck brachte. Er fragte damals: „Werden wir uns wiedersehen können?“ Heute antworten wir: „Lieber guter alter Freund, nein, in diesem Leben nicht mehr, und wir dürfen dir noch nicht einmal die letzte Ehre vor Ort erweisen, unsere heißen Tränen nicht an deinem Grab vergießen, aber unsere Erinnerungen sind bei dir und unser Mitgefühl bei deinen Liebsten. Wir werden uns an einem anderen Ort wiedersehen. Ruhe in Frieden!“

Vladimir Nowitski
Vladimir Michailowitsch Nowitski absolvierte sein Jurastudium an der Staatlichen Universität St. Petersburg (vormals Leningrader Staatliche Universität, benannt nach A.A. Zhdanov) sowie am Institut für Führungspersonal der Staatsanwaltschaft der UdSSR. Nach seinem Zivildienst bei der Staatsanwaltschaft von 1983 bis 1990 war er seit 1990 als Rechtsanwalt tätig. Parallel dazu engagierte er sich in vielfältigen Funktionen für Menschenrechte und bürgerschaftliches Engagement: Von 1992 bis 1997 leitete er die GUS-Abteilung im Internationalen Sekretariat der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte in Frankfurt am Main. Zeit seines Lebens war er mit dieser Organisation eng verbunden, ab 1997 als Vizepräsident und ab 1998 als Präsident der russischen Sektion.
Darüber hinaus wirkte er von 2003 bis 2006 als Rechtsdirektor des Moskauer Büros für Menschenrechte und war von 2003 an Vizepräsident des Instituts für Parlamentarismus, zeitgenössische Politik und Menschenrechte. Als Co-Vorsitzender der Stiftung zum Schutz der Rechte von Sportlern und Sportverbänden setzte er sich ab 2004 für faire Bedingungen im Sport ein. Auch auf städtischer Ebene engagierte er sich maßgeblich: Seit 2008 war er Mitglied, ab 2009 Erster Vizepräsident der Öffentlichen Kammer von St. Petersburg. Im Jahr 2011 wurde die Registrierung der „Russischen Sektion der IGFM“ in „Nationales Büros für öffentliche Kontrolle des Waren- und Dienstleistungsmarktes, Verbraucher- und Menschenrechte“ aus Sicherheitsgründen umbenannt.
Sein Engagement für die Zivilgesellschaft wurzelt bereits in den Jahren der Perestroika, als er dem Perestroika-Club in St. Petersburg angehörte. Mit großer Weitsicht und unermüdlichem Einsatz prägte er über Jahrzehnte hinweg die Arbeit der IGFM in Russland und darüber hinaus.