Sascha Skotschilenko

Die russische Künstlerin wurde am 11. April 2022 in der Wohnung ihres Freundes festgenommen. Sie wurde vor Gericht beschuldigt, eine schwere Tat gegen die öffentliche Sicherheit begangen zu haben. Am 31. März 2022 hatte sie Anti-Kriegsaufkleber in einem Supermarkt der Kette „Perekrestok“ an die Stelle der Preisschilder gesetzt. Seit dem 01. August 2024 ist Sascha wieder frei.
Nach zwei Jahren Haft wieder in Freiheit!
Sascha Skotschilenko ist eine Künstlerin aus St. Petersburg, geboren am 13. September 1990. Sie studierte Regie an der Theaterakademie und wechselte später zum Studium der Anthropologie an der Fakultät für freie Künste und Wissenschaften der Staatlichen Universität St. Petersburg, welches sie mit Auszeichnung abschloss. Zwischen 2013 bis 2015 berichtete Sascha über regionale Kundgebungen und Proteste für das Online-Medienunternehmen „Bumaga“. Im Jahr 2014 veröffentlichte sie ihr Comic-Werk „Buch der Depression“. Sascha hat auch Videobeiträge für die feministische Organisation „Rebra Evi“ (Eva’s Ribs) erstellt. Ihre Freunde beschreiben Sascha als „sehr intelligent, talentiert und belesen“. Seit April 2022 befand sich Sascha in Untersuchungshaft, nachdem sie wegen angeblichen „Falschaussagen über die russische Armee“ angeklagt wurde. Am 01. August 2024 wurde sie gemeinsam mit anderen politischen Gefangenen, darunter der Oppositionelle Wladimir Kara-Mursa, freigelassen.
Inhaftierung und Prozess
Am 11. April 2022 wurde Sascha Skotschilenko in der Wohnung ihres Freundes festgenommen. Ihr Anwalt, Dmitrij Gerasimow erklärte, dass Sascha wegen „Falschaussagen über die russische Armee“ angeklagt wurde – Grundlage dafür waren waren Anti-Kriegsaufkleber, die Sascha am 31. März 2022 in einem Supermarkt an die Stelle der Preisschilder gesetzt hatte. Die Aufkleber enthielten Antikriegsrhetorik anstelle von Produktnamen. Sascha Skotschilenko wurde gemäß Artikel 207.3 Absatz 2 des Strafgesetzbuchs angeklagt, ihr drohen bis zu zehn Jahre Haft. Gemäß Anklage habe Sascha „aus politischem Hass“ heraus gehandelt. Außerdem habe sie auch schon Flugblätter verteilt und Antikriegsposter gezeichnet und sich von Anfang an gegen den Krieg in der Ukraine ausgesprochen.
Am 13. April 2022 fand vor dem Vasileostrovsky Bezirksgericht eine Anhörung zu Saschas Vorbeugungsmaßnahme statt. Die Richterin Elena Leonova stellte sich auf die Seite der Staatsanwaltschaft und untersagte auch das Filmen im Gerichtssaal. Der Prozess dauerte etwa fünf Stunden und lief hinter verschlossenen Türen ab. Die Richterin begründete die Verhaftung von Sascha unter anderem damit, dass Sascha „beschuldigt wird, eine schwere Tat gegen die öffentliche Sicherheit begangen zu haben“, dass sie „eine Schwester in Frankreich“ sowie „Freunde in der Ukraine“ habe. Die Richterin hob besonders hervor, dass Sascha „die Bekannten in der Ukraine besuchte“. Laut einem engen Freund Saschas reiste sie 2020 aber in die Ukraine, um in einem Kinderferienlager zu arbeiten.
Verlängerung der Untersuchungshaft
Die Richterin Elena Leonova ließ auch die Tatsache außer Acht, dass bei Sascha eine bipolare affektive Störung und Zöliakie (eine genetisch bedingte Glutenunverträglichkeit, die eine strenge Ernährung erfordert) diagnostiziert worden sind. Ohne eine passende Ernährung ist eine Person mit dieser Diagnose dem Risiko für Kalzium- und Eisenmangel sowie hormonellen Beschwerden ausgesetzt. Als der Anwalt der Richterin eine Bescheinigung über Sashas Krankheiten übergab, sagte die Richterin, dass die Bescheinigung „nicht berücksichtigt wird, da die Quelle der Informationen nicht genannt wird“.
Die Richterin Elena Leonova verurteilte Sascha schließlich zu einer Untersuchungshaft im SIZO-5 bis einschließlich 31. Mai. Im Gerichtssaal waren daraufhin bestürzte Gesichter zu sehen und „Schande!“-Rufe auf dem Flur zu hören. Saschas letzte Worte, bevor die Gerichtsvollzieher sie aus dem Saal führten: „Der Krieg wird zu Ende gehen und mir wird Amnestie gewährt werden“. Am 30. Mai verlängerte das Gericht die Inhaftierung der St. Petersburgerin bis zum 1. Juli. Danach wurde die Untersuchungshaft erneut bis zum 1. Oktober 2022 verlängert.
Reaktion auf Urteil
Die Abgeordneten der St. Petersburger Legislativversammlung Boris Vischnevskij und Mikhail Amosov, der Kommunalabgeordnete Sergej Troschin und der Politiker Lev Schlosberg unterzeichneten Bürgschaftsleistungen für Sascha Skotschilenko. Kirill Artemenko, Generaldirektor von „Bumaga“, legte dem Gericht ebenfalls ein positives Arbeitszeugnis für Sascha vor. In den sozialen Medien wurden unzählige Beiträge über Saschas absurdes Urteil gepostet. Auch die verbleibenden unabhängigen Medien Russlands berichteten über ihren Fall.
Stand: August 2024


