Alireza Farshi

Alireza Farshi sitzt seit Juli 2020 im Gefängnis – verurteilt wegen seines Einsatzes für das Recht auf Muttersprache. Trotz schwerer Augenverletzung wird ihm medizinische Hilfe verweigert. Sein einziges „Verbrechen“: friedlicher Aktivismus für kulturelle Rechte.
Wegen Aktivismus für Muttersprache im Gefängnis
Am 16. Oktober 1957 wurde Alireza Farshi in Marand, Provinz Ost-Aserbaidschan, geboren. Er ist einer der prominentesten Bürgerrechtsaktivisten für Minderheitenrechte im Iran. Farshi ist verheiratet, hat einen Master-Abschluss in Computertechnik von der Sharif University of Technology und ist der Sohn eines im Iran-Irak-Krieg gefallenen Soldaten. Er wurde mehrfach verhaftet, unter anderem für die Einrichtung einer Bibliothek in aserbaidschanischer Sprache in benachteiligten Dörfern der Provinz Aserbaidschan und die Planung von Kampagnen, die den Unterricht der Muttersprache fördern.
Seit dem 21. Juli 2020 verbüßt er seine Strafe von aktuell drei Jahren und sechs Monaten im Großraumgefängnis Teheran. Verurteilt wurde er wegen „Verschwörung und Kollusion gegen die nationale Sicherheit“ in Zusammenhang mit seiner Teilnahme am „Internationalen Tag der Muttersprache“.
Prozess und Hintergrund
2014 wurde Alireza Farshi während der Feierlichkeiten zum „Internationalen Tag der Muttersprache“ in Teheran verhaftet. Infolgedessen wurde Farshi im Februar 2017 zu 15 Jahren Haft und zusätzlich zwei Jahren Exil verurteilt. Dagegen ging Farshi in Berufung. Unter dem Vorsitz von Richter Babaei reduzierte die Abteilung 54 des Teheraner Berufungsgerichts seine Strafe im Januar 2020 auf zwei Jahre Gefängnis und zwei Jahre Exil.
Die Sicherheitskräfte verlegten ihn am 7. Mai 2020 vom Evin-Gefängnis ins Großraumgefängnis Teheran, da er mithilfe von offenen Briefen politischen Druck auf Beamte, einschließlich des Leiters der Justiz, ausübte. In den Briefen kritisierte er die Art und Weise, wie sein Fall gehandhabt wurde und zeigte die schlechten Bedingungen im Evin-Gefängnis auf.
Erneute Verurteilung
Mitte Februar 2021 gab der aserbaidschanische Bürgerrechtler über seine Familie bekannt, dass das Ministerium für Nachrichtenwesen eine neue „Fallakte“ gegen ihn angelegt hat. Die Akte wurde während seiner Inhaftierung eröffnet.
Unter dem Vorsitz von Richter Iman Afshari verurteilte die Abteilung 26 des Islamischen Revolutionsgerichts in Teheran Farshi am 31. März 2021 wegen „Verschwörung und Kollusion gegen die nationale Sicherheit“ zu weiteren drei Jahren und sechs Monaten Gefängnis. Des Weiteren wurde er wegen „Propaganda gegen den Staat“ zu acht Monaten Haft verurteilt. Nach dem Islamischen Strafgesetzbuch wird die schwerste Strafe, in diesem Fall drei Jahre und sechs Monate, vollstreckt. Das Urteil umfasste auch einen zwei Jahre andauernden Entzug der Mitgliedschaft in Parteien und Gruppen und eine Verurteilung zu zwei Monaten Arbeit (vier Stunden täglich) in der Recycling-Abteilung der Stadtverwaltung von Teheran.
Haftbedingungen
Während seiner Inhaftierung wurde Farshi mehrfach Opfer von Gewalt, wie Schläge und Tritte. Das Ergebnis: eine Verletzung am Auge, die spezieller medizinischer Versorgung bedarf. Ebendiese wird ihm verwehrt, weswegen die Gefahr besteht, dass er auf seinem linken Auge erblindet.
Druck auf ethnische Aktivisten im Iran
Im November 1999 wurde der „Internationale Tag der Muttersprache“ von der UNESCO, welche für kulturelle Menschenrechte steht, ins Leben gerufen und seit 2000 jährlich zelebriert. Der Welttag der Muttersprache ist von entscheidender Bedeutung für die im Iran lebenden Minderheiten, deren Sprache nicht offiziell anerkannt wird. Obwohl die Islamische Republik die meisten Forderungen und Vorschläge der UNESCO anerkennt und nach Artikel 15 der iranischen Verfassung, der Unterricht in der Muttersprache in den Schulen de facto möglich ist, wurden in den letzten Jahren mehrere iranische Bürger inhaftiert, weil sie diese Forderung stellten.
Stand: Mai 2025


