Amir Hossein Moradi

Der iranische Bürgerrechtler wurde nach Protesten im November 2019 im berüchtigten Evin-Gefängnis in Teheran festgehalten und zum Tode verurteilt worden. Sein Geständnis wurde durch Folter erpresst. Nach zwei Jahren in Haft wurde im Oktober 2021 bekannt, dass Moradi gegen Zahlung einer Kaution freikommen soll.

Gericht ordnet Freilassung gegen Kaution an

Amir Hossein Moradi betreibt ein Geschäft für Computer und Mobilgeräte im Süden Teherans. Er ist 1994 geboren, unverheiratet und ein bekannter politischer Gefangener, der im Teheraner Zentralgefängnis (Greater Tehran Central Penitentiary) inhaftiert war. Ursprünglich zum Tode verurteilt, entschied der oberste iranische Gerichtshof am 5. Dezember 2020, dass Amir Hossein Moradi ein neues Verfahren erhalten wird. Am 26. Oktober 2021 teilte der Anwalt Moradis schließlich mit, dass er gegen Zahlung einer Kaution von 4 Millarden Rial (ca. 80.000 €) freigelassen werden soll.

Moradi nahm nach der Wirtschaftsrezession der letzten Jahre an mehreren Straßenprotesten teil, unter anderem im November 2019 gegen den Anstieg der Benzinpreise. Durch Aufnahmen von Überwachungskameras wurde er identifiziert und von Sicherheitskräften festgenommen. Nach ungefähr einem Monat in Einzelhaft im Evin-Gefängnis wurde Moradi in das Teheraner Zentralgefängnis gebracht.

Schlechte gesundheitliche Verfassung

Amir Hossein Moradi wurde viele Male mit dem Schlagstock und Elektroschocks gefoltert, um die Anschuldigungen zu bestätigen. Sein erzwungenes Geständnis wurde schließlich im nationalen Fernsehen ausgestrahlt. Seine körperliche Verfassung ist aufgrund einer Lähmungserkrankung instabil. Er verliert vorübergehend seine Sprach- und Bewegungsfähigkeiten, in Extremfällen kommt es zum Kontrollverlust über die Muskeln und zur vorübergehenden Lähmung. Ermittler und Gefängnisbeamte waren über seine Krankheit informiert und benutzten sie als Hebel, um ein Geständnis zu erzwingen. Sein Gesundheitszustand verschlechterte sich in der Haft konstant. Aufgrund von Hauterkrankungen wurde er zeitweise im Krankenhaus behandelt, dort wurde Moradi auch positiv auf das Corona-Virus getestet.

Amir-Hossein-Moradi-freigelassen
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Amir Hossein Moradi mit seiner Mutter kurz vor seiner Verhaftung 2019, rechts im Krankenhaus am 26. Oktober 2021. Die Folgen der Haft sind deutlich erkennbar. Nach der Behandlung wird Amir Hossein entlassen und muss nicht mehr ins Gefängnis zurückkehren.

Vater begeht Suizid

Am 28. September 2020 wurde bekannt, dass Naser Moradi, Amir Hosseins Vater, aufgrund des hohen psychischen Drucks Suizid begangen hat. Moradis Familie hatte die Beerdigung des Vaters verschoben, um sein Gesuch auf Freilassung abzuwarten, was aber nicht bewilligt wurde. Naser Moradi wurde schließlich in Abwesenheit seines Sohnes beerdigt.

Aufhebung der Todesstrafe nach internationalen Protesten

Im Februar 2020 wurde Moradi vom Islamischen Revolutionsgericht wegen “Mitschuld an der Zerstörung und Verursachung vorsätzlicher Brandstiftung mit der Absicht, der Islamischen Republik Iran zu schaden” zum Tode verurteilt, ohne anwaltlichen Beistand und auf Basis erzwungener Geständnisse. Amir Hossein Moradi wurde zusätzlich zu 15 Jahren Gefängnis und 74 Peitschenhieben wegen “nächtlicher Teilnahme an bewaffneten Raubüberfällen” und zu einem Jahr wegen “rechtswidriger Ausreise aus dem Land” verurteilt (er war nach den Protesten 2019 in die Türkei geflohen). Das Todesurteil wurde nach internationalen Protesten im Sommer 2020 ausgesetzt. Am 5. Dezember 2020 teilte der Oberste Gerichtshof mit, dass das Verfahren neu aufgerollt werde. Ein knappes Jahr später, am 26. Oktober 2021, wurde bekannt, dass Moradi nach zwei Jahren Haft gegen Kaution freigelassen wird.

Die Novemberproteste 2019

Die iranische Führung unterdrückte die Proteste der Bevölkerung im November 2019 gegen Verarmung, Korruption und diktatorische Staatsführung mit großer Brutalität. Unzählige Verhaftungen, rund 1.500 Tote und hunderte Verletzte durch Polizeischützen, Folter und „Verschwinden lassen“ von Regimegegnern sind die Methoden, mit denen die Führung der Islamischen Republik ihre Gesellschaft zum Schweigen bringen will. Amir Hossein und seine Freunde Saeed Tamjidi und Mohammad Rajabi sind mittlerweile zum Symbol für die Proteste im November 2019 in Teheran geworden und stehen stellvertretend für all die Menschen, die sich trotz der Unterdrückung und Ungerechtigkeiten des Regimes nicht unterkriegen lassen.

Stand: April 2024

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