Kuba: Hohe Geldstrafen gegen Journalisten

Die beiden kubanischen unabhängigen Journalistinnen Mónica Baró Sánchez und Camila Acosta werden aufgrund kritischer Berichterstattung bezüglich der Corona-Pandemie auf Kuba von kubanischen Behörden schikaniert. Die kubanische Regierung beruft sich dabei auf die Rechtsverordnung 370, die die Internetnutzung auf Kuba regelt und damit auch die Kontrolle über die Onlineaktivitäten ihrer Bürger ermöglicht.
Berichterstattung über Coronakrise wird erstickt
Frankfurt am Main/Havanna, 21. April 2020 – Kritische Berichterstattung über die Bekämpfung der Virusepidemie wird auf Kuba schnell bestraft. Die Journalistin Mónica Baró Sánchez musste nach einem zweistündigen Verhör eine Geldstrafe von 3.000 Pesos – umgerechnet etwa 110 Euro – zahlen. Die 26-jährige Camila Acosta, die für die News-Webseite Cubanet schreibt, wurde mehrfach verhört. Sie hatte über den Mangel an Nahrungsmitteln, Medikamenten und Toilettenartikeln berichtet, berichtet die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM). Eine Berichterstattung über Probleme in der Corona-Krise wird systematisch erstickt, so wie jede regimekritische Berichterstattung auf Kuba.
Camelia Acosta wurde mit einem Strafverfahren bedroht, wenn sie ihre journalistische Arbeit nicht sofort beende. Die Rechtsverordnung 370, die die Internetnutzung auf Kuba regelt und damit auch die Kontrolle der Regierung über die Onlineaktivitäten ihrer Bürger, bietet die juristische Grundlage für die willkürliche Bestrafung kritischer Berichterstattung durch die Behörden.
Bereits zwölf regimekritische Journalisten, die das Internet nutzen, wurden mit Geldstrafen in Höhe von 3000 Pesos bestraft. Der Journalist Roberto Quiñones wurde sogar zu einem Jahr Gefängnis verurteilt, weil er über den Prozess gegen einen evangelischen Pastor berichtet hatte. Kubanische Menschenrechtsaktivisten und Journalisten haben eine Petition gegen diese Rechtsverordnung gestartet, die von der IGFM, die auf Kuba durch eine Sektion vertreten ist, unterstützt wird.
Die Rechtsordnung 370 trat am 4. Juli 2019 in Kraft und reguliert den Einsatz neuer Technologien, die Aufsicht über kabellose Netzwerke und nennt die Grenzen bei Online-Veröffentlichungen. Martin Lessenthin, Vorstandssprecher der IGFM kritisiert: „Wer sich nicht daran hält, muss mit hohen Geldstrafen rechnen oder damit, dass die technische Ausstattung konfisziert wird. Artikel 68 der Rechtsverordnung 370 besagt unter anderem, dass die Verbreitung von Informationen über das Internet, die gegen ‚soziales Interesse, Moral, gute Sitten und die Integrität der Menschen verstoßen‘ verboten sind. Dies ermächtigt die kubanische Diktatur, jederzeit jeden regimekritischen Berichterstatter einzusperren oder anders zum Schweigen zu bringen.“
Wer sich nicht von unabhängiger Berichterstattung abschrecken lasse, riskiert auf Kuba Geldstrafen in Höhe von bis zu umgerechnet etwa 110 Euro – was in Relation zum Durchschnittslohn von rund 15 Euro pro Monat erdrückend hoch ist – oder gar Gefängnis. Der Journalistin Mónica Baró wurden während des Verhörs dutzende Ausdrucke ihrer Facebook-Posts der letzten Monate vorgelegt. Als sie sich weigerte zu zahlen, drohte man ihr, dass sich die Strafe dadurch nur erhöhen würde und ihr Verhalten zu einer Verhaftung führen könnte.
Petition gegen die Rechtsverordnung 370
„Geldstrafen für kritische Veröffentlichungen in sozialen Netzwerken im Hinblick auf die Krisenbewältigung der Regierung sind zu einem Instrument geworden, um unabhängige Journalisten zum Schweigen zu bringen, sie einzuschüchtern und die Freiheiten der Bürger weiter einzuschränken“, kritisiert auch die bekannte kubanische Bloggerin und Autorin Yoani Sánchez in ihrem Artikel vom 19. April 2020. Die Rechtsverordnung 370 verstößt gegen die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte wie auch gegen die kubanische Verfassung, die in Artikel 4 „Gedanken-, Gewissens- und Meinungsfreiheit garantiert. Die Unterzeichner der Petition lehnen es ab, Geldbußen zu zahlen und fordern unter anderem, Artikel 68 zu entfernen, den unabhängigen Journalisten Roberto Jesús Quiñones sofort freizulassen und die Menschenrechte der kubanischen Bürger zu achten. Zudem sind sie sich bewusst, dass sie durch die Petition das Risiko eingehen, dafür verhaftet zu werden.
Geringe Hygienestandards gefährden politische Gefangene
Die Coronavirus-Pandemie macht vor den Gefängnissen auf Kuba nicht Halt und könnte dabei besonders die politischen Gefangenen – und damit auch die inhaftierten unabhängigen Journalisten – treffen. Wie die IGFM erfahren hat, hat das Regime den Familien der Gefangenen nun untersagt, ihre inhaftierten Angehörigen zu besuchen. Der ehemalige politische Gefangene und Gründer der Demokratiebewegung UNPACU, José Daniel Ferrer, weist auf eine Gefahrenquelle für die Insassen hin: „Die Gefängniswärter kommen und gehen täglich und die meisten ergreifen keine Vorsichtsmaßnahmen.“ Breitet sich das Virus in den Gefängnissen aus, werde es nach Ansicht von Martin Lessenthin, Vorstandssprecher der IGFM, schnell viele Infizierte geben: „Die Gefängnisse auf Kuba sind überfüllt, die Häftlinge unterernährt und es fehlt an Hygiene sowie einer adäquaten Gesundheitsversorgung.“ Die in Frankfurt ansässige NGO ruft die internationale Gemeinschaft dazu auf, den Druck auf das kubanische Regime zu erhöhen, die notwendigen Hygiene-Standards in den Gefängnissen zu gewährleisten, um eine Ausbreitung des Virus unter den Gefangenen zu verhindern und Bürgerrechtler sofort freizulassen.