Kubanische Gesundheitskrise

Wie die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) berichtet, wird die Gesundheitssituation auf Kuba im Zuge der Corona-Krise immer dramatischer. Die in Frankfurt ansässige Menschenrechtsorganisation, die mit einer Sektion auf Kuba vertreten ist, erhält immer wieder erschütternde Berichte über das überlastete Gesundheitssystem der Karibikinsel.

Ärzte, Gesundheitspersonal und Medizinstudierende haben einen offenen Brief unterzeichnet, in dem sie die schlechten Bedingungen anprangern, unter denen sie arbeiten, um die schwere Krise Kubas aufgrund der COVID-Pandemie zu bekämpfen. Die Zahl der Fälle ist dramatisch gestiegen und Präsident Díaz-Canel scheint der Situation nicht die Aufmerksamkeit zu schenken, die sie verdient.

Kollaps und Chaos kennzeichnen Kubas Gesundheitssystem

IGFM: Kuba soll internationale Hilfe annehmen und mit Covax-Programm kooperieren

Havanna / Frankfurt am Main 16. August 2021 – Das Gesundheitssystem auf Kuba ist aufgrund der Corona-Krise kollabiert, berichtet die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM). Die in Frankfurt ansässige Menschenrechtsorganisation erhält erschütternde Berichte über das überlastete Gesundheitssystem. Besonders in Matanzas und in Ciego de Ávila ist die Lage chaotisch. Alle Klinikbetten sind belegt, Patienten warten tagelang auf medizinische Versorgung.

Das Personal ist aufgrund mangelnder Schutzkleidung permanent einer Ansteckungsgefahr mit Covid-19 ausgesetzt. In einem offenen Brief an die Regierung prangerten kubanische Ärzte den Gesundheitsnotstand im Land an und forderten bessere Bedingungen, Hygiene und mehr Mittel für die medizinische Behandlung, so die IGFM. Bisher verweigert Kuba die Teilnahme am Covax-Programm der UNO zur Verteilung von Impfstoffen. Stattdessen sollen vier kubanische Impfstoffe eingesetzt werden, die international nicht überprüft wurden.

Erst im Juni 2021 begannen Impfungen mit den ungetesteten Impfstoffen. Daher fordert die IGFM, die mit einer Sektion auf der Karibikinsel vertreten ist, die kubanische Regierung auf, sofort internationale medizinische Unterstützung anzunehmen und sich für die globale Impfallianz Covax zu registrieren. Nur so könne die Impfquote schnell erhöht werden.

„Das kubanische Regime brüstet sich seit Jahren damit, dass das eigene Gesundheitssystem kostenlos ist und einen hohen Standard aufweise. Die Realität sieht leider anders aus. Schon vor der Krise fehlte es an Fachärzten, medizinischer Ausstattung und Medikamenten. Während das eigene Volk keine angemessene medizinische Versorgung erhält, exportierte das Regime seit Jahren Ärzte ins Ausland. Die Vernachlässigung der eigenen Bevölkerung zeigt sich besonders in der Coronakrise und führt zu vielen Todesfällen“, erklärt Martin Lessenthin, Vorstandssprecher der IGFM.

Wenn der Krankenwagen nach vier Tagen immer noch nicht kommt

Nach Informationen der IGFM warnen kubanische Mitarbeiter im Gesundheitssektor aktuell besonders vor einem Kollaps der Krankenhäuser in Matanzas, einer Provinz im Nordwesten Kubas. Die Patienten und deren Familien befinden sich wegen Überfüllung auf den Krankenhausfluren, es gibt einen Mangel an Ärzten und Pflegern sowie an Schutzkleidung für das Personal. Julio Rodríguez González berichtet, dass seine Nachbarin zu Hause gestorben ist, da der Krankenwagen nach vier Tagen immer noch nicht gekommen war. Der Vize-Gesundheitsminister Jorge Luis Tapia hat angekündigt, die Anzahl der Intensivbetten zu erhöhen und Medizinstudenten einzusetzen. David Peña Noy aus der Stadt Camagüey beklagt den Tod seines Großvaters Joaquín Noy Peláez. Obwohl dieser Kontakt mit mehreren positiv getesteten Personen gehabt hatte, schickte ihn das überlastete Krankenhauspersonal wieder nach Hause. Dort wartete er drei Tage bis er in der Klinik aufgenommen werden konnte. Nach Auskunft seines Enkels war es dann aber bereits zu spät.

Auch in Ciego de Ávila im Zentrum der Insel ist die Situation aktuell äußerst prekär. Wie die IGFM erfahren hat, sind alle Betten des „The Roberto Rodríguez Fernández General Teaching Hospital“ in Morón Ciego de Ávila aufgrund der hohen Anzahl von Covid-19-Fälle belegt. Patienten warten tagelang auf Stühlen bis ein Bett frei wird. So musste der Vater von Yureimy Perdomos einen ganzen Tag auf medizinische Versorgung warten und hatte dann immer noch kein Bett, sondern saß weiterhin in der Notaufnahme. Einige haben sich unter diesen Umständen dafür entschieden, auf eigene Verantwortung lieber nach Hause zu gehen.

Die Daten zeigen, was in der alltäglichen Realität, der auf der Insel lebenden Kubaner offensichtlich ist. Die gefährliche Gesundheitskrise erreicht einen nicht zu ignorierenden Punkt.

Spezielle Ausländerkliniken und mangelhafte Behandlung der eigenen Bevölkerung

Während es manche Behandlungen auf Kuba ausschließlich gegen Bezahlung gibt, müssen die Familien der Patienten oft Ärzte bestechen, damit die Angehörigen eine bessere Behandlung bekommen. Besonders prekär ist die Lage, wenn jemand an einer Krankheit leidet, die ein Mindestmaß an Spezialisierung erfordert. Denn Fachärzte sind auf der Karibikinsel Mangelware. Zudem werden Regimekritiker oft Behandlungen und Medikamente vorenthalten. Gleichzeitig bemüht sich das Regime, nach außen hin das Bild einer exzellenten Gesundheitsversorgung zu wahren. So werden erkrankte Touristen nur in speziellen Ausländerkliniken, so genannten Clinica Internacional, behandelt. Diese weisen einen hohen Standard auf und sind für die normale kubanische Bevölkerung nicht zugänglich. In den regulären Krankenhäusern sind die hygienischen Zustände dagegen sehr schlecht, es mangelt an sauberer Bettwäsche, Verpflegung oder funktionierenden medizinischen Geräten.

Ärzte unter Druck 

Es ist noch nicht lange her, da rühmte sich die Regierung, dass das kubanische Gesundheitssystem das erste in der Region sei, welches einen zugelassenen Impfstoff herstellen könne. Nun beschuldigte Ministerpräsident Manuel Marrero in einer öffentlichen Erklärung die Ärzte, die „nichts anderes tun als sich zu beschweren“, dass die Gesundheitskrise auf sie zurückzuführen sei.

Kubanische Menschenrechtler kritisieren, dass Machthaber Díaz-Canel lieber PR-Fotos mit Ausländern in einer Vorzeigeklinik macht, als die Verbesserung des Gesundheitssystems für die eigene Bevölkerung auf der Insel voranzutreiben.

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