Interview: Martin Lessenthin zur Lage religiöser Minderheiten in Flüchtlingsheimen

Das Sicherheitspersonal muss Beschwerden nachgehen

Diskriminierungen und Übergriffe dürfen nicht mehr stattfinden

Martin Lessenthin spricht über Verbesserungsmöglichkeiten für religiöse Minderheiten in Flüchtlingsheimen mit Lena Kretschmann von weltkirche.katholisch.de.

Das nachfolgende TV-Interview zur Situation religiöser Minderheiten in Flüchtlingsunterkünften wurde am 1. September 2016 geführt und am gleichen Tag auf weltkirche.katholisch.de veröffentlicht.

katholisch.de:
Herr Lessenthin, einer der Schwerpunkte Ihrer Organisation ist auch der Einsatz für bedrängte Christen. Erleben Sie auch Übergriffe gegenüber Christen in Deutschland, zum Beispiel in Flüchtlingsheimen?

Lessenthin:
Es gibt diese Übergriffe, wir bekommen immer wieder Berichte. Opfer sind neben Christen auch Menschen ohne Glauben, Jesiden und Angehörige anderer religiöser Minderheiten.

katholisch.de:
Würden Sie als Menschenrechtler denn von einer systematischen Bedrängung dieser Minderheiten sprechen?

Lessenthin:
Ich sehe keine systematische [Bedrängung], aber ich sehe viele Fälle und das reicht aus, um zu sagen hier müssen Mechanismen gefunden werden und zwar schnell, dass bestimmte Diskriminierungen und Übergriffe nicht mehr stattfinden.

katholisch.de:
Wie könnten diese Mechanismen aussehen?

Lessenthin:
Fangen wir an beim Sicherheitspersonal. Das Sicherheitspersonal muss Beschwerden aller Insassen nachgehen und darf nicht solche Beschwerden bagatellisieren bei denen die Täter einer Mehrheitsreligion angehören und die, die sich als Ofer beklagen, einer Minderheitsreligion. Dies gilt für Christen als Minderheit in den Flüchtlingsheimen natürlich genauso, wenn sie Opfer werden, wie zum Beispiel für Jesiden.

katholisch.de:
Es gibt ja auch Stimmen, die getrennte Unterkünfte für unterschiedliche Religionen vorschlagen, was halten Sie davon?

Lessenthin:
Hier gibt es organisatorische und auch finanzielle Hindernisse das durchzuführen. Darüber hinaus müsste man dann auch zum richtigen Zeitpunkt wissen, wer welcher Minderheit angehört. Ich bin mehr dafür, dass solche Probleme gelöst werden, wie mangelnde Qualifikation von Sicherheitspersonal, mangelnde Eignung von Übersetzern, die parteiisch übersetzen.

katholisch.de:
Vielen Dank für das Interview.

Interview mit Martin Lessenthin, Sprecher des Vorstands der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte.

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