Interview:  Frauenrechte im Iran

Frauenrechte im Iran wurden mit der Islamischen Revolution massiv eingeschränkt.

„Aktivitäten für Frauenrechte sind im Iran noch nie einfach gewesen“

Die iranische Friedensnobelpreisträgerin Dr. Shirin Ebadi bei der IGFM. Links im Bild Davoud Khodabakhsh, Journalist des Farsi-Dienstes der Deutschen Welle.

Frau Dr. Ebadi, sie sind eine iranische Frauenrechtlerin der ersten Stunde. Sie sind auch Mitgründerin der 1-Million-Unterschriften Kampagne. Jede Art von Menschenrechtsarbeit im Iran ist schwieriger geworden. Viele Aktivisten sind entweder im Gefängnis oder haben das Land verlassen. Existiert die Frauenrechtsbewegung im Iran noch? Wie sieht die Frauenrechtsarbeit im Iran aus? Könnten Sie uns ein paar Beispiele nennen?

Dr. Ebadi: Mehr als 65% der Studierenden im Iran sind Frauen. Sehr viele Lehrende unserer Universitäten sind Frauen. Frauen sind an sehr vielen gesellschaftlichen und politischen Aktivitäten beteiligt. Sie sind im iranischen Parlament seit über 50 Jahren vertreten – länger als die Frauen in der Schweiz. Trotz dieses hohen Bildungsniveaus und der gesellschaftlichen und politischen Präsenz, wurden nach der Iranischen Revolution Gesetze eingeführt, die den Frauen Grenzen und Hindernisse setzten. Doch natürlich sind die Frauen mit der Gesetzgebung nicht einverstanden, da sie ihren akademischen Vorstellungen entgegengesetzt ist.

Ich nenne ein paar Beispiele dieser Gesetze: Das Leben der Frau ist weniger wert als das Leben des Mannes. Wenn beispielsweise eine Frau und ein Mann zusammen über die Straße laufen, ein unzureichend sicher gebautes Haus passieren und unglücklicherweise ein Ziegelstein dieses Hauses auf sie fällt und sie sich verletzen, ist der Schadensersatz, der dem Mann zugesprochen wird, doppelt so hoch wie der für die Frau. Dies verdeutlicht den Wert des Lebens der Frau. Der Wert der Zeugenaussage von zwei Frauen wird gleichgesetzt mit der Zeugenaussage eines einzigen Mannes. Einem Mann ist es erlaubt vier Frauen gleichzeitig als Ehefrauen zu haben. Ich könnte für Sie viele weitere benachteiligende Gesetze als Beispiele heranziehen.

Wir haben eine sehr starke feministische Bewegung im Iran, mit dem primären Ziel die Veränderung der Iranischen Gesetzgebung herbeizuführen und um dieses Ziel zu unterstützen, ist es unsere Aufgabe, die Menschen zunächst aufzuklären. Nicht alle Menschen sind Kenner des Rechts und vielen ist nicht bewusst, mit welchem Gesetz sie leben. Erst wenn sie einem Problem begegnen und mit dem Gesetz in Kontakt geraten, erkennen sie das wahre Ausmaß. Folglich ist die Aufklärung die wichtigste Aufgabe der Frauenbewegung im Iran, und ebenfalls die meiner Person. Daher habe ich drei Bücher geschrieben: Eines über Frauenrechte, eines zu Kinderrechten – in diesem Kontext geht es natürlich auch um die Rechte der Mutter – und das dritte befasst sich mit der Geschichte der Menschenrechte im Iran. In allen drei Büchern weise ich deutlich auf die Benachteiligung der Frauen im Iran hin. Ebenso trägt die feministische Bewegung im Iran sehr viel zur rechtlichen Aufklärung der Menschen bei, beispielsweise durch das Drucken von Broschüren, die das iranische Gesetz in einfachem Farsi erklären. Viele dieser Broschüren habe ich selbst verfasst.

Ein weiteres Beispiel ist die sogenannte „1-Millionen-Unterschriften-Kampagne“. Das Ziel dieser Kampagne war es an erster Stelle nicht einfach nur eine Millionen Unterschriften zu sammeln. Das wäre leicht getan. Die eigentliche Arbeit lag darin, zunächst die Menschen über die benachteiligende Gesetzgebung aufzuklären und wenn einer Person dies bewusst wurde, eine Unterschrift von ihr als Bestätigung zu erlangen. Das sind nur einige Beispiele der Frauenrechtsarbeit, die eigentlich vieles mehr umfasst. Doch wichtig ist zu wissen, dass unser Ziel die Veränderung des iranischen Gesetzes zur Gleichstellung von Frau und Mann ist.

Denken Sie, man kann auch heute noch im Iran für Frauenrechte aktiv sein? Und wie könnte das aussehen?

Aktivitäten für Frauenrechte sind im Iran noch nie einfach gewesen. Ich kann mich an die ersten Jahre nach der Revolution erinnern, wenn die Zeitungen der Regierung mich beschimpfen wollten, nannten sie mich „Feministin“ und „Menschenrechtlerin“. Doch glücklicherweise hatte sich das Spektrum der Menschenrechtsaktivitäten im Laufe der Jahre erweitert und als die Reformer an die Macht kamen, hatte sich die Situation etwas verbessert. Doch mit der Amtsübernahme von Mahmoud Ahmadinedjad verschlechterte sich die Lage sehr. Der Raum für diese Aktivitäten wurde geschlossen, das bezeichne ich als eine klare Unterdrückung der Menschenrechtsaktivitäten. Ich möchte an dieser Stelle Herrn Mohammad Sadegh Kaboodvand erwähnen – ein mutiger Journalist, der für die Gründung einer Menschenrechtsorganisation zu 10 Jahren Haft verurteilt wurde und bis heute noch im Gefängnis sitzt.

Einige Zeit vorher wurde ebenfalls eine von mir und anderen Rechtsanwälten im Jahre 2002 gegründete Menschenrechtsorganisation verboten. Als ich den Nobelpreis bekam, habe ich mit einem Teil des Geldes diese Organisation unterstützt. Mit diesem Geld haben wir ein kleines Apartment als Sitz der Organisation gekauft und einen anderen Teil des Geldes haben wir der Unterstützung von Familien der politischen Gefangenen gewidmet. Die Organisation vereinte drei große Ziele: Die Verteidigung und Unterstützung von politischen Gefangenen, die finanzielle Unterstützung ihrer Familien – wenn sie diese benötigten – und alle drei Monate Berichte über die Menschenrechtssituation im Iran.

Die Gründung dieser Organisation fand in der „Ära-Khatami“ statt, als wir den Eindruck hatten, man ließe uns freien Raum für solche Aktivitäten. Leider hatten wir uns getäuscht, denn trotz unserer vollständigen Papiere und der gesetzlichen Erlaubnis, hat die Regierung der Reformer uns nicht akzeptiert und war nicht bereit uns zu dulden, obwohl wir die einzige Menschenrechtsorganisation waren. Trotzdem haben wir nicht aufgehört unsere Arbeit zu leisten und sie haben uns auch nicht dabei gestört, bis es schließlich zur Präsidentschaft Ahmadinedjads kam. Mehrmals wurden wir aufgefordert die Arbeit zu unterlassen, doch wir gaben nicht auf und argumentierten mit dem gesetzlichen Rahmen, in dem sich unsere Organisation befand.

Am 10. Dezember 2008 feierten wir den Internationalen Tag der Menschenrechte, zu dem viele Gäste in das erwähnte Apartment eingeladen wurden. Plötzlich stürmten ungefähr 15 Polizisten in Zivilkleidung das Apartment und sagten, sie müssten dieses Büro schließen. Wir fragten nach einem Gerichtsurteil, doch sie sagten nur, dass sie keins hätten und uns später eins zukommen lassen würden. Sie griffen uns an, warfen uns aus dem Apartment und schlossen die Tür ab. Dies war gesetzeswidrig, deswegen habe ich mich sofort am nächsten Tag beschwert und das Gericht gefragt, mit welchem Urteil sie unser Büro schließen ließen. Bis heute hat kein Richter des iranischen Gerichts es gewagt, zu dieser Beschwerde Stellung zu nehmen, geschweige denn das Beschwerdeschreiben zu bearbeiten. Sie sehen, dass sich die Situation von Tag zu Tag verschlechterte.

Nachdem sie das Büro unserer Menschenrechtsorganisation schlossen, stürmten einige Basijis meine persönliche Anwaltskanzlei. Sie demontieren das Schild, zerstörten Türen und Fenster bis wir schließlich die Polizei riefen. Zwei Polizisten kamen, beobachteten die Basijis und lachten nur. Einer der Nachbarn fotografierte und filmte das Geschehen. Die Polizisten bemerkten dies, klingelten an seiner Tür, verlangten die Kamera und drohten ihm mit Verhaftung. Trotzdem hörten wir mit unserer Arbeit nicht auf. Wir trafen uns jedes Mal in einem Büro, meist war es meins, und setzten unsere Arbeit fort. Schließlich stand die Präsidentschaftswahl 2009 an.

Einen Tag vor der Wahl bin ich für ein Seminar nach Spanien gereist. Doch als ich nach vier Tagen zurückkehren wollte, war der Iran nicht mehr das Land, das ich einige Tage zuvor verlassen hatte. Ich entschied mich dazu, im Exil zu bleiben und von dort aus die Menschenrechtsaktivitäten weiterzuführen. Danach sind leider meine Kollegen und Kolleginnen im Iran vielen Problemen begegnet, wurden zu vielen Jahren Haft verurteilt und diejenigen die das Gefängnis verlassen haben, leiden immer noch an den Folgen der physischen und psychischen Folter, wie beispielsweise meine verehrte Kollegin Narges Mohammadi.

Leider ist es heute so, dass alle Menschenrechtsaktivisten im Iran entweder bereits im Gefängnis sind oder nur auf Kaution entlassen sind und darauf warten, wieder in Haft genommen zu werden. Daher gibt es leider momentan keine Möglichkeit im Iran menschenrechtlich aktiv zu sein, da die Regierung nicht die kleinste Kritik duldet.

Ist es dennoch Ihrer Meinung nach notwendig, dass einige Leute das Risiko auf sich nehmen und sich für die Menschenrechte im Iran einsetzen?

Die Verpflichtung der Menschenrechtsaktivisten wird genau dann deutlich, wenn die Situation schlecht ist. Wenn es keine Probleme gäbe, die Menschen in Freiheit leben würden und ihre Rechte genießen würden, gäbe es doch für uns Menschenrechtlern nichts zu tun. Es ist unsere Pflicht diese Situation zu verbessern und es ist wichtig auch in solchen Situationen nicht aufzugeben und wenn wir keine Möglichkeit haben, unsere Arbeit im Iran voranzutreiben, müssen wir dies eben im Ausland tun.

Was würden Sie Menschen empfehlen, die für Menschenrechte aktiv sein möchten? Ob nun innerhalb oder außerhalb des Irans…

Menschenrechtsaktivitäten können vielfältige Ausprägungen haben und auf unterschiedliche Art und Weise geschehen. Jeder Mensch muss selbst schauen, welche Möglichkeiten und Fähigkeiten er hat. Es gibt nicht nur einen einzigen Weg. Wir selbst waren Anwälte, waren möglicherweise nicht mit den Einstellungen aller politischen Gefangenen im Iran einverstanden, waren uns jedoch in dem Punkt einig, dass jeder Mensch das Recht auf Freiheit hat. Ich selbst bin Muslimin, habe jedoch das Recht von Bahai`s verteidigt. Ich gehöre nicht zu den Mudjaheddin, habe jedoch um ihr Recht gekämpft. Das was ich leisten konnte, war das Unterstützen der Menschen vor Gericht und das Organisieren der Berichterstattung. Aber natürlich können andere Menschen andere Fähigkeiten haben, zum Beispiel kann ein Künstler mit Hilfe seiner Kunst etwas beitragen. Ich bin der Meinung, dass jeder Mensch sich gemäß seiner eigenen Möglichkeiten und Fähigkeiten, aktiv für die Menschenrechte einsetzen kann.

Welche Rolle haben Männer in der iranischen Frauenrechtsbewegung?

Glücklicherweise ist die Frauenrechtsbewegung im Iran sowohl aus Frauen als auch aus Männern zusammengesetzt. Ich selbst hatte einige Mandanten, die an den Frauenrechtsversammlungen teilnahmen und verhaftet wurden. Dadurch, dass Männer ebenfalls an der Frauenrechtsbewegung beteiligt sind, wird diese nur umso mehr gestärkt. Doch was ist der Grund, dass die Männer im Iran nicht gegen die Frauenrechtsbewegung sind?
Frauenrechte und Demokratie verkörpern die zwei Seiten einer Münze. Der Erfolg der Frauen kann den Weg zur Demokratie öffnen. Wenn wir die Gesetze, die Frauenrechte benachteiligen, erfolgreich verändern, ist es auch möglich, die Gesetzte zu anderen Themengebiete zu ändern. Die Männer im Iran wissen, dass die Demokratie den Iran mit Hilfe der Frauen erreichen wird. Deshalb sind sie uns auf unserem Weg eine Unterstützung, die wir sehr schätzen.

Der Ausdruck „Menschenrechte“ wird von der iranischen Regierung durchaus geläufig verwendet. Entspricht dieses Verständnis Ihrer Meinung nach den internationalen Standards zur Bedeutung von „Menschenrechten“?

Ich möchte sie korrigieren. Die iranische Regierung verwendet den Ausdruck „Menschenrechte“ nicht, sie missbraucht diesen. Sie ist davon überzeugt, die Menschenrechte im Iran zu respektieren. Gleichzeitig werden seit Januar 2011 im Iran täglich drei Menschen hingerichtet und das Gesetz über Steinigung immer noch umgesetzt. Auch Gaddafi betont, die Menschenrechte zu respektieren. Er ist ebenfalls der Meinung, dass die Menschen ihn lieben und sich aus Liebe und Hingabe zu ihm opfern. Also lassen Sie uns nicht darüber reden, wie die Regierung das sieht, sondern uns lieber auf die Menschen im Iran konzentrieren.

Erfreulicherweise ist den Menschen im Iran bewusst, dass Menschenrechte einen hohen Wert haben, für den es sich lohnt zu arbeiten. Ich habe Ihnen bereits am Anfang unseres Gesprächs erzählt, dass in den ersten Jahren nach der Revolution „Feminismus“ und „Menschenrechtler“ als Schimpfworte galten. Doch ich habe Ihnen auch von der Zunahme der Menschenrechtsaktivisten im Iran erzählt. In den letzten Jahren hat sich sogar zu den politischen Parteien im Iran ein Verband zur Verteidigung von Menschenrechten gegründet. Ja, ich kann mit Überzeugung sagen, dass das richtige Verständnis von „Menschenrechten“ im Iran unter den Menschen vertreten ist.

Hat sich diese von Ihnen erwähnte Zunahme durch die Geschehnisse der letzten Monate verstärkt?

Jeden Tag findet diese Zunahme statt! Die Menschen verstehen was Freiheit bedeutet, wenn ein Journalist aufgrund des Schreibens von Artikeln verhaftet wird! Sie verstehen es mit Leib und Blut, dass es ungerecht ist, wenn jemand aufgrund von ein paar Artikeln ins Gefängnis muss oder aufgrund der Teilnahme an Protesten hingerichtet wird! Ihre Familien werden ihren Tod nicht vergessen! Diese tagtäglichen Verbrechen unterstützen die Menschen nur bei ihrer Forderung nach Menschenrechten.

Der Iran hat unter anderem den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte ratifiziert – ein völkerrechtlich bindender Vertrag. Die iranische Regierung verletzte diesen Vertrag täglich. Was denken Sie wäre eine angemessene Reaktion der Vereinten Nationen und der anderen Vertragsstaate?

Zu aller erst sollte öffentliche bekannt gemacht werden, wie sehr die Menschenrechte im Iran verletzt werden und dass die iranische Regierung somit nicht an ihre internationalen Verpflichtungen bricht. Es wurden bereits einige UN-Resolutionen zu Menschenrechtsverletzung im Iran verabschiedet, die letzte im Dezember 2010. [UN-Generalsekretär] Ban Ki Moon wurde aufgefordert in drei Monatsabständen über die aktuelle Menschenrechtsverletzungen im Iran zu berichten.

Der erste Bericht wurde am 14. März 2011 veröffentlicht. Sie können ihn im Internet nachlesen. In diesem Bericht wird der iranischen Regierung deutlich vorgeworfen, gegen die Menschenrechtsnormen zu verstoßen. Dabei werden die vielen Verstöße detailliert aufgelistet. Daraufhin haben einige europäische Länder – unter ihnen Schweden und Norwegen – gefordert, einen Sonderberichterstatter für den Iran zu benennen. Davon habe ich bereits drei Jahre zuvor gesprochen und dafür gearbeitet, als sich die Situation im Iran von Tag zu Tag verschlechterte. Ich forderte von der UNO, einen Sonderberichterstatter in den Iran zu schicken, doch das wurde bis zu diesem Jahr nicht gebilligt. Doch dieses Jahr scheinen unsere Gründe für diese Forderung zu überzeugen. Ich erinnere daran, dass in den ersten Jahren nach der Revolution, als die Hinrichtungs- und Erschießungszahlen sehr hoch waren, die UNO für den Iran einen Sonderberichterstatter benannt hat. Dieser war zuerst Andres Aguilar und schließlich Dr. Maurice Copithorne.

Zur Zeiten der Präsidentschaft Khatamis verbesserte sich die Menschenrechtssituation im Iran ein wenig, beispielsweise konnten sich die Medien besser entfalten. Deshalb war dann die UNO der Meinung, dass der Iran keinen ständigen Berichterstatter mehr benötigt und setzte ihn ab. Darauffolgend verschlechterte sich die Situation sofort wieder. Ich hoffe, dass wir dieses Jahr erfolgreich sein werden und ein Menschenrechtsreporter für den Iran bestimmt wird.

[Anmerkung der IGFM: Am 24. März 2011 hat der UN Menschenrechtsrat in Genf beschlossen, erneut einen Sonderberichterstatter für den Iran zu benennen. Den oben genannten und andere Berichte der Vereinten Nationen zur Menschenrechtslage im Iran finden Sie unter: https://www.igfm.de/Der-Iran-die-Menschenrechte-und-die-UNO.1307.0.html]

Was könnten und was sollten Ihrer Meinung nach die deutsche und andere europäische Regierungen tun? Was könnten Organisationen und einzelne Bürger tun?

Sie müssen das tun, was ich seit Jahren fordere und bisher nicht getan haben! Die europäischen Regierungen sind mit der iranischen Regierung in Konflikt geraten und setzen sehr starke Hindernisse für das Erlangen von Visa für Studierende und einfache Bürger. Gleichzeitig erhalten Mitglieder der iranischen Regierung für sich und ihre Familienangehörigen sehr einfach Visa um nach Europa zu reisen und sich dort einen Zweitwohnsitz aufzubauen. Ihr mit unlauteren Mitteln erlangtes Vermögen befindet sich auf Banken der Schweiz und anderen europäischen Ländern. Seit Jahren fordere ich von der EU, den Leuten, die für Verbrechen verantwortlich sind, kein Visum zu geben! Wenn sie Einfluss auf die Visa-Vergabe nehmen, dann sollte das diese lieber der Bevölkerung im Iran zu Gute kommen. Dieses Problem ist bis heute in der EU nicht geklärt. Soweit man mich informiert hat, sind zwei Länder vollkommen gegen diesen Punkt: Österreich und Italien. Auf Grund ökonomischer Interessen und den Unternehmen, die diese Länder im Iran besitzen, wollen diese Regierungen sich nicht ernsthaft für die Menschenrechtsverteidigung im Iran einsetzten. Bisher hat die Europäische Union lediglich Resolutionen zu diesem Problem verabschiedet, also nur etwas auf Papier niedergeschrieben und die europäischen Staaten aufgefordert, dieses und jenes nicht zu tun oder betont, dass sie die Menschenrechtsverteidigung unterstützen. Die iranische Regierung hat diese Resolutionen in den Papierkorb geworfen und anschließend haben europäische Regierungen erneut Verträge mit dem Iran abgeschlossen. Es wurde nichts in die Praxis umgesetzt! Die europäische Bevölkerung dagegen ist anders. Sie haben die Menschen im Iran immer unterstützt und mit ihnen gefühlt. Wir bitten also die Menschen, ihre Regierungen unter Druck zu setzen, so dass diese Verbrecher keine Visa erhalten!

Wenn Sie eine Prognose wagen würden – wie könnte sich die Lage im Iran entwickeln?

Ich kann Ihnen von der aktuellen Situation im Iran berichten. Im Iran steigt die Unzufriedenheit der Menschen Tag für Tag. Die Menschenrechtsverletzungen nehmen zu, die Regierung behandelt Völker wie die Kurden, Baluchen, Azari und arabisch-sprechende Bürger aus dem Gebiet Khuzestan sehr schlecht, die wirtschaftliche Situation des Irans verschlechtert sich, die Menschen werden immer ärmer. Diese Probleme tragen zur steigenden Unzufriedenheit bei und wenn eine Regierung die Unterstützung ihres Volkes verliert, wie die iranische Regierung, fühlt sie sich gezwungen sich gewalttätigen Mitteln zu bedienen. Wenn die Gewalt zunimmt, steigt mit ihr auch die Unzufriedenheit der Menschen und so entsteht ein fortlaufender Zyklus bis die Regierung gezwungen ist, Veränderungen vorzunehmen, wie die Menschen sie fordern oder eben zu scheitern. Die Zukunft bietet nur diese beiden Entwicklungen. Aber wann das geschehen wird, kann man nicht genau vorhersagen. Ich kann nur sagen, dass die Unzufriedenheit tagtäglich steigt. Die Glut lodert unter der Asche des Landes.

Die Fragen stellte Max Klingberg am 18. März 2011 in Bonn
Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM)

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