Menschenrechtslage im Iran

Iranbericht Mai 2024

Die Islamische Republik Iran ist ein Unrechtsstaat und missachtet systematisch die Rechte ihrer Bürger. Angehörige ethnischer, religiöser und politischer Minderheiten sind im Iran vielfacher Diskriminierungen ausgesetzt. Die IGFM veröffentlicht hier regelmäßig Berichte und informiert über die Menschenrechtssituation im Iran. 

 

Festnahme und Drohung wegen Kommentaren in sozialen Medien zum Tod des Präsidenten der Islamischen Republik, Ebrahim Raisi

Am 19. Mai 2024 kam es zu dem Hubschrauberabsturz im Iran, bei dem der Präsident Ebrahim Raisi und weitere Begleiter, darunter Außenminister Amirabdollahian, ums Leben kamen. Der Tod des 64-jährigen Präsidenten löst bei vielen Iranern freudige Emotionen aus, da Raisi in seiner vorherigen Position bei der Justiz für zahlreiche Verbrechen verantwortlich war. Dazu zählt die Mitentscheidung für die Massenhinrichtung politischer Häftlinge im Jahr 1988.

In den sozialen Medien wurde der Absturz des Hubschraubers von zahlreichen Iranern gefeiert. Gleichzeitig wurde die Dauer der Suche nach dem Hubschrauber sowie Unklarheiten in diesem Fall in Frage gestellt. Der Absturz sei durch externe Kräfte verursacht worden, heißt es in Mutmaßungen. Des Weiteren wurde spekuliert, dass der Absturz eine im Iran geplante Verschwörung unter verschiedenen Machtebenen des Regimes war. Die Bevölkerung akzeptierte jedoch lediglich das Szenario des Regimes (schlechte Wetterbedingungen) nicht.

In den sozialen Medien wurde seitens des Regimes eine umfassende Überwachung vorgenommen. Daraufhin initiierte die iranische Polizei Maßnahmen gegen Personen, die in sozialen Netzwerken Kommentare abgegeben hatten. In der Folge wurden die Betroffenen bedroht, vorgeladen und verhaftet.

Einige Journalisten wurden von den Sicherheitsbehörden vorgeladen und hinsichtlich ihrer Kommentare befragt. Dabei wurden sie bedroht und mussten ihre Kommentare in sozialen Medien entfernen. Die Wirtschaftsjournalisten Manijeh Moazen und Hirosh Saidian berichteten von der Drohanrufe der Sicherheitsbehörden. Des Weiteren wurden die Angehörigen der bei den Protesten von 2022 getöteten Demonstranten vorgeladen und bedroht, da sie ihre Freude über den Tod von Raisi öffentlich gemacht hatten.

Die Namen der von Sicherheitskräften festgenommenen Personen, deren Identität bekannt ist, sind Reza Babrnejad, Kamyar Bamdad, Ashkan Esmaeilnejad und Ali Reyhani.

Die Reaktion der iranischen Bevölkerung auf die Trauerbotschaft der Politiker, darunter Bundeskanzler Scholz, gegenüber der Islamischen Republik war von Unmut geprägt.

Die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) äußerte sich wie folgt: „Das Kondolenzschreiben des deutschen Bundeskanzlers ist ein Schlag ins Gesicht der gesamten iranischen Demokratiebewegung.

Die Friedensnobelpreisträgerin Narges Mohammadi übte Kritik an der Abhaltung einer Gedenkzeremonie für Ebrahim Raisi in der Generalversammlung der Vereinten Nationen. Die politische Gefangene schrieb in einem Brief aus dem Evin-Gefängnis, dass Raisi im Justizsystem als Mitglied des Todesausschusses die Massenhinrichtungen im Jahr 1988 verursachte und auch in den letzten Jahren als Regierungschef der Islamischen Republik Demonstranten unterdrückt und getötet habe. Er stehe somit an der Stelle des Verbrechers in der Geschichte unseres Landes.

21 Jahre Haftstrafe für kurdische Frauenrechtsaktivistin

Die kurdische Frauenrechtsaktivistin Zhina Modares GorjiDie kurdische Frauenrechtsaktivistin Zhina Modares Gorji wurde zu zehn Jahren Haft wegen „Bildung einer illegalen Gruppe mit dem Ziel, das Regime zu stürzen“, zu zehn Jahren wegen „Zusammenarbeit mit feindlichen Gruppen und Staaten“ und zu ein Jahr wegen „Propaganda gegen das Regime“ verurteilt. Gemäß iranischem Strafrecht wird von den insgesamt 21 Jahren verhängten Strafe die schwerste Strafe, nämlich zehn Jahre Haft in Exil (im Hamedan-Gefängnis) vollstreckt. Die Anklagepunkte gegen Zhina Modares Gorji umfassen die Gründung eines Verbands mit einer feministischen Ideologie, die Teilnahme an Protesten, die Teilnahme an internationalen Konferenzen und Bildungsworkshops, die Veröffentlichung von Inhalten in sozialen Medien sowie die Durchführung von Interviews mit ausländischen Medien nach dem Tod von Jina Mahsa Amini.

Die Frauenrechtlerin wurde bereits im September 2022 während der Bewegung „Frau, Leben, Freiheit“ vom Geheimdienst in Sanandadsch in der Provinz Kordestan verhaftet. Nach 40 Tagen Haft wurde sie gegen Kaution vorläufig freigelassen. Im April 2023 wurde sie erneut verhaftet und nach 84 Tagen Haft gegen Kaution vorübergehend freigelassen.

Verlegung in Einzelhaft aufgrund von Kritik an Bettwanzen im Gefängnis

Der Studentenaktivist Zia NabaviDer seit April 2024 im Evin-Gefängnis inhaftierte Studentenaktivist Zia Nabavi ist in Einzelhaft verlegt worden. Der ehemalige politische Gefangene hatte aus dem Gefängnis heraus einen Brief geschrieben, in dem er über das Vorhandensein von Bettwanzen im Evin-Gefängnis und die dadurch verursachten gesundheitlichen Probleme informierte. Dies war der Grund für seine Verlegung. Nach einer Woche wurde Zia in die allgemeine Abteilung des Evin-Gefängnisses zurückgebracht. Ihm wurde für einen Zeitraum von zwanzig Tagen das Telefonieren untersagt.

Zia verbüßt eine einjährige Haftstrafe wegen „Propaganda gegen das Regime“. Im März 2023 nahm er an Protesten gegen chemische Angriffe auf Mädchenschulen im Iran teil.

Im Frühjahr 2023 berichteten Medien über eine Vergiftungswelle an Mädchenschulen im Iran. Es wurde spekuliert, dass das Regime hinter den Giftanschlägen stecke.

Verhaftungen und Repressionen gegen Bahá’í gehen weiter

Am 16. Mai 2024 verurteilte das Revolutionsgericht in Isfahan fünfzehn in dieser Provinz lebende Baha’i-Frauen zu insgesamt 75 Jahren Haft. Die Bahá’í werden aufgrund ihres Glaubens häufig willkürlich verhaftet und unter absurden Anschuldigungen vor Gericht gestellt

Sepideh RashidiBerichten zufolge wurde Sepideh Rashidi am 27. Mai 2024 in Ahvaz, Chuzestan Provinz, vom Geheimdienst der IRGC (Iranische Revolutionsgarden) festgenommen und an einen unbekannten Ort gebracht. Über die Gründe ihrer Festnahme und die gegen sie erhobenen Vorwürfe liegen derzeit keine genauen Informationen vor. Im Dezember 2023 durchsuchten Agenten des Geheimdienstes IRGC das Haus von Sepideh und beschlagnahmten mehrere elektronische Geräte, darunter ihren Computer und ihr Mobiltelefon.

Nazila Khanipour und ihr Sohn Vesal HeraviZwei weitere Anhänger des Bahai-Glaubens, Nazila Khanipour und ihr Sohn Vesal Heravi, wurden am 28. Mai im nordiranischen Rasht festgenommen.

Nazila wurde bereits einmal festgenommen. Vesal wurde zuvor auf Anordnung der Sicherheitsbehörden von der Universität verwiesen.

Todesstrafe und Hinrichtungen:

20-jähriger Jude im Iran ist in HinrichtungsgefahrArvin Ghahremani

Ein junger iranischer Jude namens Arvin Ghahremani wurde während einer Schlägerei, bei der eine Person ums Leben kam, verhaftet und zum Tode verurteilt. Im November 2022 wurde der 20-Jährige verhaftet und fünf Monate später, von der zweiten Abteilung des Strafgerichts der Provinz Kermanshah zum Tode verurteilt.

Arvin steht kurz vor der Hinrichtung. Besorgniserregend ist dabei insbesondere die Tatsache, dass das Opfer Muslim war, während Arvin einer nicht-muslimischen Gemeinschaft angehört.
Gemäß islamischem Strafgesetzbuch ist die Strafe für Mord Vergeltung, es sei denn, die Familie des Opfers vergibt. In diesem Fall besteht die Familie des Opfers auf der Vollstreckung des Todesurteils.

Zwei kurdische Gefangene nach 14 Jahren hingerichtet

Anvar KhezriAnvar Khezri ist nach 14 Jahren Haft am 2. Mai 2024 vom iranischen Regime im Qezelhesar-Gefängnis in Karadsch hingerichtet worden. Anvar war zusammen mit sechs weiteren Kurden wegen „Mitgliedschaft in einer illegalen Gruppe, Kriegsführung gegen Gott und Korruption auf Erden“ zum Tode verurteilt worden. Anvar war am 30. April in eine Einzelzelle verlegt worden, ein letztes Treffen mit seiner Familie wurde ihm verweigert.

Auch der sechste Angeklagte, Khosro Basharat, wurde nach 14 Jahren Haft am 15. Mai 2024 hingerichtet.Khosro Basharat

Vier seiner Mitangeklagten – Ghassem Abasteh, Ayoub Karimi, Davoud Abdollahi und Farhad Salimi – wurden in den letzten Monaten hingerichtet. Diese Gefangenen wurden in einem unfairen Prozess unter Folter und Misshandlung zum Tode verurteilt.

Bisherige Berichte, nach Datum sortiert

Politische Gefangene im Iran sind auf unsere Unterstützung angewiesen. Informieren Sie sich über ihre Schicksale und wie sich Abgeordnete für ihre Freilassung einsetzen.

Verisheh Moradi

Verisheh Moradi ist Mitglied des Verbands „Gemeinschaft der freien Frauen Ostkurdistans“ (KJAR). Sie wurde am 1. August 2023 gewaltsam in Sanandaj (Provinz Kurdistan) festgenommen. In einem Brief berichtet sie von Folter und Misshandlung in der Haftanstalt. Anfang November 2024 wird die Iranerin zum Tode verurteilt.

Teilen Sie diesen Beitrag!

Nach oben