Interview: LGBTI-Rechte in Uganda

Kasha Nabagesera setzt sich in ihrer Heimat unermüdlich für die Rechte von LGBTs ein. Foto von Barcex, Quelle: Wikimedia Commons

Interview mit Kasha Nabagesera über ihre Arbeit und LGBTI-Rechte

Die Trägerin des Alternativen Nobelpreises 2015, Kasha Jacqueline Nabagesera (*1980), setzt sich in ihrer Heimat Uganda für die Rechte von sexuellen Minderheiten ein. Die Menschenrechtsverteidigerin fordert gleiche Rechte und die Verbesserung der Lebensbedingungen in Uganda. Kasha Nabagesera hat in Uganda Rechtswissenschaften studiert. Unter großer Gefahr für Leib und Leben gründete sie die Organisation „Freedom and Roam Uganda“, eine Vereinigung zum Einsatz für die Rechte von LGBTIs [Anmerkung der IGFM: LGBTI steht für Lesbische, Homosexuelle, Bisexuelle, Transgender und Intersexuelle]. Das Interview wurde von den IGFM-Mitarbeitern Maya Robinson und Daniel Holler im Mai 2016 geführt.

Können Sie uns zu Beginn von der aktuellen Situation der LGBTIs in Uganda berichten? Mit welchen rechtlichen und sozialen Herausforderungen sehen Sie sich konfrontiert?

An der Situation hat sich seit der Annullierung des Anti-Homosexuality Acts in Uganda von 2014 nicht viel geändert. Es ist die gleiche alte Situation; Übergriffe sind nach wie vor an der Tagesordnung, ebenso wie Arbeitslosigkeit, Stigma und Diskriminierung. Die illegalen Inhaftierungen hingegen konnten dank der Lobbyarbeit und der Fürsprache, die wir bei der Polizei von Uganda geleistet haben, reduziert werden. Die Situation erfordert jedoch weiterhin, dass wir die Aufmerksamkeit für die Probleme der LGBTI erhöhen, da wir immer noch kriminalisierende Gesetze im Strafgesetzbuch haben.

Bitte erzählen Sie uns, welche Arbeit Sie derzeit im Einsatz für LGBTI-Rechte leisten, welche Anstrengungen die Aktivistengemeinschaft in Uganda unternimmt.

Zusätzlich zu meinem Einsatz auf regionaler, nationaler und internationaler Ebene, setze ich im Moment den Ausbau der Bewegung fort, indem ich Projekte in der LGBTI-Gemeinschaft leite. Diese Projekte zielen darauf ab, den Mitgliedern Kenntnisse zur Leitung, Verwaltung, wirtschaftlichen Möglichkeiten, Engagement und die Sicherheit in sozialen Netzwerken etc. zu vermitteln. Ich betreibe die derzeit einzige mediale Plattform für die LGBTI-Gemeinschaft (www.kuchutimes.com). Sie besteht aus einem Online-Fernsehsender, Radio und einer gedruckten Zeitschrift.

Gibt es Erfolge oder Höhepunkte Ihrer Arbeit?

Anders als in der Vergangenheit, als die allgemeine Stimmung der LGBTI-Community negativ geprägt war, nehmen wir eine Veränderung im Dialog über die LGBTI-Rechte in Uganda wahr. In der Vergangenheit haben wir gesehen, dass führende Mitglieder der Gesellschaft sich offen und positiv zur Unterstützung unserer Anstrengungen bekannt haben. Demnach gab es eine kleine Veränderung in der grundsätzlichen Einstellung der Menschen. Zusätzlich erhielten wir viel positives Feedback aus der Gesellschaft, als wir 2014/2015 das ‘Bombastic’ Magazin verteilten (Anm. der IGFM: das Magazin thematisiert Schicksale, Probleme und Entwicklungen in Uganda bezogen auf die LGBTI-Community). Dadurch wuchs auch das Interesse vieler Mitglieder der Gemeinschaft, die Erlebnisse mit mehr Menschen zu teilen. Das zeigt, dass ein Zusammengehörigkeitsgefühl in der LGBTI-Gemeinschaft herrscht.

Was ist der schwierigste Aspekt Ihrer Arbeit oder Ihres Lebens als Aktivistin?

Ein eingeschränktes Leben zu leben, immer auf der Hut zu sein, sich in vielen Gegenden aus Angst vor Übergriffen nicht frei bewegen zu können, da ich in der Vergangenheit schon so oft angegriffen wurde. Für mich persönlich waren meine größten Hürden als Aktivistin die nie enden wollenden Vertreibungen und auf der Suche nach Unterkünften so oft umziehen zu müssen. Es ist teuer, zerstört Eigentum. Es ist unmenschlich, vertrieben zu werden, ausschließlich aus dem Grund, weil man die Person liebt, die man liebt.

„Ich bin glücklich, das Wenige was ich beitragen kann, jetzt beizutragen“. Die Trägerin des Alternativen Nobelpreises Kasha Jacqueline Nabagesera aus Uganda im Jahr 2015 bei den Vereinten Nationen in New York am Tag der Menschenrechte, dem 10. Dezember. UN Photo/Cia Pak

Hat sich etwas für Sie geändert, dadurch dass Sie am 30. November 2015 den Alternativen Nobelpreis erhalten haben?

Es hat sich viel verändert. Viele meiner Kollegen wurden motivierter – und auch ich selbst; die Mittel, die mit der Auszeichnung einhergingen, waren für meine Arbeit von großem Nutzen.

Wie sehen Sie die Zukunft der LGBTI-Rechte in Ihrem Land?

Es gibt Licht am Ende des Tunnels, ohne Zweifel. Wenn ich das nicht glauben würde, würde ich nicht jeden Tag aufwachen, um meine Arbeit zu tun, besonders nicht die riskante Aufgabe meines Ringens für Gerechtigkeit. Es wird vielleicht nicht bald passieren, aber eines Tages wird es hell werden; vielleicht werde ich nicht einmal lange genug leben, um den Erfolg selbst zu sehen, aber ich bin glücklich, das Wenige was ich beitragen kann, jetzt beizutragen.

Welche Rolle spielen religiöse Gemeinschaften und Führer?

Ich möchte diese Frage nicht beantworten. Viele von ihnen sind sehr homophob und verbreiten eine Menge hasserfüllte Propaganda.

Was können einzelne Mitglieder der IGFM tun, um das Anliegen zu unterstützen?

Sie können die Geschichte über unser Ringen in ihren Netzwerken verbreiten und das Bewusstsein für die Herausforderungen steigern, aber auch die Erfolge unserer Bewegung hervorheben; sie können uns durch finanzielle Mittel, Ausstattung, Materialien und moralischen Beistand unterstützen sowie durch ehrenamtliche Hilfe in bestimmten Bereichen, wo wir diese benötigen.

Was können ausländische Menschenrechtsorganisationen wie die IGFM tun, um Ihren Einsatz für LGBTI-Rechte zu unterstützen?

Sie können uns helfen, Spendengelder für unsere Projekte zu gewinnen, den Kontakt zu Spendenorganisationen herstellen, unserem Aufruf zum Handeln nachkommen, wenn wir ihn aussenden, und auf ihre Regierungen Einfluss nehmen; sie können uns durch die Einladung zu Foren und Veranstaltungen helfen, die für das Teilen von Fähigkeiten und Wissen sowie für die Erweiterung unseres Verständnisses von weltweiten Menschenrechtsfragen nützlich sind.

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