Die „schleichende Expansion“ islamistischer Ideologie am Beispiel der Volksbewegung Usbekistans (NDU)

Frankfurt/M., Juni 2013

Die Geschichte der NDU

Salai Madamin alias Muhammad Solich, Vorsitzender der Volksbewegung Usbekistans (NDU)

Die Definition „SCHLEICHENDE EXPANSION“ in Bezug auf religiösen Extremismus bedeutet in der Praxis „friedliches“ Eindringen grundlegender islamistischer Ideologie in gesellschaftliche und politische Strukturen eines Staates, die grundsätzliche Ablehnung anderer Religionen, bis hin zur blutigen Umsetzung der Ideen des religiösen Extremismus.

Als Beispiel für eine „schleichende Expansion“ mag dienen der Prozess der Entstehung und der endgültige Zusammenbruch der Volksbewegung Usbekistans (NDU), deren Gründung vor zwei Jahren in Deutschland (Düsseldorf und Berlin 2011) stattfand.

Die NDU wurde der internationalen Gemeinschaft als „oppositionelle Vereinigung demokratischer Kräfte Usbekistans“ präsentiert. Aber ihrem Inhalt nach handelte es sich um eine reaktionäre islamische Struktur. NDU-Vorsitzender wurde laut Beschluss der Gründungsversammlung, die im Mai 2011 in Berlin stattfand, der usbekische Flüchtung krimtatarischen Herkunft Salai Madamin (alias „Muhammad Solich“), der in Deutschland politisches Asyl erhalten hatte.

Im Jahr 1992 gründete Solich / Salai Madamin, damals der Vorsitzende der Demokratischen Partei Usbekistans „Erk“ (Freiheit), das Demokratische Forum Usbekistans und rief in der gleichen Zeit ein paralleles gesetzgebendes Organ – die Milli Majlis (Nationalversammlung) – aus. Das politische Programm dieser „Nationalversammlung“ enthielt offene Anrufe zur Annullierung des usbekischen Parlaments (Oliy Majlis) und zur Umwandlung der säkularen Staatsform in eine islamische.

Nach einer Verwarnung wegen verfassungswidriger Aktivitäten in Usbekistan, die strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen könnten, reiste Madamin in die Ukraine als politischer Flüchtling ein. An der Schaffung seines Images als eines demokratischen Oppositionellen beteiligten sich bis heute einige Internetseiten sowie die usbekische Redaktion von Ozodlik (Liberty) des Senders RFE/RL. Aus der Ukraine reiste er weiter nach Frankfurt/M. und wandte sich dort wegen moralischer und finanzieller Unterstützung an die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte/IGFM. Das lehnte die IGFM ab. Als aber später Salai Madamin in Prag festgenommen wurde, setzte sich die Führung der IGFM beim damaligen tschechischen Präsidenten Vaclav Havel ein, ihn nicht an nach Usbekistan auszuliefern, weil dort die Todesstrafe noch nicht abgeschafft worden war und Madamin wegen seiner Tätigkeit schwere Bestrafung drohte.

In der Ukraine versuchte Salai Madamin in den Jahren 1992-1993 unter den Krim-Tataren verstärkt für seine Kalifat-Idee zu werben.

In den Staaten der ehemaligen Sowjetunion war Madamin alias Solich als Befürworter der Vertreibung von Personen slawischer Herkunft aus Usbekistan und Zentralasien bekannt – mit einem direkten Aufruf nach Blutzoll dieser „Ungläubigen“.

Nebenbei sei erwähnt, dass er und der Birlik-Chef, Abdulrahim Pulatov, den Enkel des bekannten uigurischen Separatisten Babur Shakirov mit der Aufstellung der Milli Majlis (Nationalversammlung) beauftragt hatten – eben jenen Babur Shakirov, der 1968 mit Raudis seinesgleichen auf offener Straße in Taschkent Frauen slawischer Herkunft erniedrigt und gedemütigt hatte.

Seit über 20 Jahren kämpft Madamin alias Solich unter dem Deckmantel der Durchsetzung von demokratischen Reformen für einen Islamischen Staat Usbekistan, in dem er Staatsoberhaupt zu werden gedenkt.

Deutschland als Startpunkt

Dass Deutschland von ihm als Ort der Gründung der NDU gewählt wurde, war kein Zufall. In Deutschland leben über 3 Millionen türkische Bürger. Über türkische Organisationen und Einzelpersonen in Deutschland pflegte die NDU Beziehungen zu reaktionären religiösen Strukturen in der Türkei.

Der Radiosender „Ozodlik“ (Tschechien), die Webseiten „uznews.net“ (Deutschland) und „ferghana.ru“ (Russland) jonglierten mit den demokratischen Werten des Westens und stellten den Extremisten und Kalifat-Befürworter als „demokratischen Gegner der Regierung Usbekistans“ dar.

An der Gründungsversammlung der NDU in Berlin nahmen nicht nur Vertreter der säkularen usbekischen Opposition teil, sondern auch Vertreter demokratischer Institutionen der USA. Und das, obwohl die USA die größten menschlichen und materiellen Verluste im Kampf gegen den internationalen islamischen Fundamentalismus zu verzeichnen hat.

Am Eröffnungstag der NDU-Versammlung organisierte die Internet-Redaktion von „uznews.net“ eine Aktion in Berlin, auf der die Freilassung des inhaftierten Vorsitzenden der IGFM-Abteilung Karakalpakstan, Sali Abdurachmanov, gefordert wurde. Ein Zusammenhang zwischen beiden Ereignissen bestand im Grunde genommen keiner, aber dem inhaftierten IGFM-Mitglied Abdurachmanov wurde damit ein „Bärendienst“ erwiesen. Schon der große Dichter des Ostens Alischer Navoiy hatte in seinem Poem „Farhad und Shirin“ auf die Notwendigkeit hingewiesen, die Verbindung zwischen Zeit und Ereignissen wahrzunehmen.

Erkennungsplakat der Volksbewegung Usbekistans (NDU)

Zur „schleichenden Expansion“ des Literaten Madamin alias Solich gehört auch sein Berufen auf die Sympathien seiner Kollegen-Literaten, wie z.B. des rebellischen Anführers Tschetscheniens, Selimchan Jandarbijew, mit dem er am Moskauer Literaturinstitut studierte, oder des verstorbenen tschechischen Präsidenten Vaclav Havel, der sich von Madamins Interessensbekundungen am Werk des großen Prager Juden J. Kafka blenden ließ, oder des türkischen Ministerpräsidenten Tayyip Erdogan, dessen Gedichte Madamin ins Usbekische übersetzt hatte – Gedichte militaristischen Inhalts, die Erdogan Ende des letzten Jahrhunderts schrieb: „Die Moscheen sind unsere Kasernen, die Minarette – unsere Schwerter, die Kuppeln – unsere Helme, die Gläubigen – unsere Soldaten“.

Die „schleichende Expansion“ der NDU machte sich schnell bemerkbar. Nicht nur Vertreter der säkularen usbekischen Opposition legten ihre NDU-Mitgliedschaft bzw. ihr NDU-Vorstandsmandat nieder, sondern auch moderate religiöse Figuren und deren Führer. Nach Salay Madamins ausgesprochen antisemitischen Äußerungen wachte die Redaktion der Website „uznews.net“ auf und stellte ihr Propagieren der angeblich „demokratischen“ NDU-Initiativen ein. Galima Buharbayeva, Redakteurin der Website, hatte sogar dringend Herrn Madamin zu einer Diskussion aufgefordert, die er aber ablehnte.

Beabsichtigte oder unbeabsichtigte Unterstützung der Anführer radikal-islamistischer Gruppen führt zu schwerwiegenden Konsequenzen. Religiöse Fanatiker in jedem Land machen vor dem Tod von Kindern und unschuldiger Bürger nicht Halt. Die blutigen, mörderischen Übergriffe der „Soldaten des Islam“ gegen Militärangehörige in Großbritannien und Frankreich, die vor kurzem einer nach der anderen stattfanden, schlugen eine neue Seite des Terrors auf. In der Frage des Kampfes gegen islamistische Terroristen und ihre Ideologen sollten die Bemühungen der Behörden und der Institutionen der Zivilgesellschaft konzentriert und vereint sein.

Prof. Dr. Marat Zakhidov
Präsident der IGFM – ISHR

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