Die Karte zeigt ein Ausschnitt der Länder, in denen Steinigung legal ist und auch noch praktiziert wird. Besonders häufig kommt dies in der islamischen Republik Iran vor. Foto: DLommes CC 3.0 [Quelle: Wikimedia Commons]

Steinigung – ein Überblick

Wo wird gesteinigt?

Steinigungsurteile oder Steinigungen ohne Urteile sind in den vergangenen Jahren aus den Ländern Afghanistan, Nigeria, Iran, Irak, Jemen, Nigeria, Pakistan, Saudi-Arabien, Somalia, Sudan und den Vereinigten Arabischen Emiraten bekannt geworden. Darüber hinaus hat es in einigen Ländern Einzelfälle gegeben, die für das betreffende Land untypisch sind; z.B. eine Steinigung durch ethnische Somali im Norden Kenias, bei der das Opfer durch das Eingreifen der Polizei am Leben blieb.

Durch internationale Proteste konnte einer Reihe von Menschen dieses Schicksal erspart werden. Informationen dazu finden Sie bei den beispielhaften Fällen.

Wie wird gesteinigt?

Das Opfer wird so lange von einer Menschenmenge mit Steinen beworfen, bis der Tod eintritt. Die Steingröße wird nach islamischem Recht und Brauch so gewählt, dass das Opfer möglichst langsam und qualvoll stirbt. Zum Teil werden die Opfer im Boden eingegraben, damit sie nicht fliehen können.

Für welche Delikte wird gesteinigt?

Die Todesstrafe durch Steinigung wird in der überwiegenden Zahl von Fällen auf Ehebruch angewandt, in seltenen Fällen auch bei Blasphemie oder Homosexualität. Der Koran selbst erwähnt zwar die Steinigung, schreibt sie aber nicht als Hinrichtungsform vor. Die Steinigung als Strafmaß zieht ihre Legitimität aus dem Hadith, d.h. den als vorbildlich angesehenen gesprochenen und geschriebenen Aufzeichnungen des Propheten Mohammed. Mohammed hat zu seinen Lebzeiten eine Reihe von Frauen und Männern steinigen lassen. Darunter auch Nichtmuslime, insbesondere Juden.

Das islamische Recht sieht die Steinigung zwingend nur für Ehebruch vor, und zwar für verheiratete Männer ebenso wie für verheiratete Frauen. Für eine Reihe anderer Delikte schreibt das islamische Recht die Todesstrafe ebenfalls zwingend vor, sie stellt aber die Art der Hinrichtung in das Ermessen des Richters. Im Falle von „Verderbenstiften auf Erden“ könnte das in der Islamischen Republik Iran offiziell auch die Kreuzigung sein. (Art. 190 u. 195, Art. 83, Gesetz über die islamischen Strafen, Iran, 1991). Allerdings sind aus dem Iran bisher keine Fälle von Kreuzigungen bekannt geworden.

Die Todesstrafe ist im islamischen Recht für eine Reihe von Delikten zwingend vorgeschrieben. In den meisten Fällen liegt die Art der Hinrichtung dabei im Ermessen des Schariarichters. Zu diesen Delikten gehören:

• Homosexualität bei Männern
• „Kampf gegen Gott und Verderbenstiften auf Erden“. Je nach Schwere des Vergehens ist die Hinrichtung nicht obligatorisch, sondern es sind auch Amputationen oder Verbannung möglich.
• Abfall vom Islam.
• Analverkehr („fleischlicher Verkehr entgegen dem Gesetz der Natur mit einem Mann oder einer Frau“). In Nordnigeria ist dafür die Steinigung bei Verheirateten vorgesehen bzw. 100 Hiebe bei Unverheirateten.
• Inzest. Verkehr mit Personen, mit denen kein Ehevertrag geschlossen werden dürfte, wird wie Inzest bewertet.
• Sodomie. Derjenige, der sexuellen Kontakt mit einem Tier hatte, und auch das Tier werden getötet.
Bei einigen Delikten, die mit Auspeitschung oder Amputationen geahndet werden, wird die Todesstrafe bei mehrfacher Wiederholung der Tat verhängt. Weibliche Homosexualität wird beispielsweise mit 100 Peitschenhieben bestraft, beim vierten Male wird die Todesstrafe vollstreckt.

Wie oft kommt es zu Steinigungen?

Die Zahl der vollstreckten Steinigungen ist unbekannt. Das liegt zum einen daran, dass eine Recherche in der Mehrheit der Fälle durch die örtlichen Gegebenheiten in der Praxis nicht möglich ist. Nicht nur in Regionen mit schwacher staatlicher Struktur, wie in Somalia oder Wasiristan, sind solche Recherchen und alles andere, was als Kritik an der Scharia ausgelegt wird, selbst für Einheimische lebensgefährlich. Mitglieder der IGFM Sektion Nigeria berichteten von Imamen, die die Mitglieder ihrer Gemeinde aufforderten, Ortsfremden keinerlei Auskunft über Scharia-Urteile und deren Vollstreckung zu geben.

Die Ursache für die schwierige Informationslage liegt aber auch im Wesen der Steinigung als einem Quasi-Ehrenmord, der religiös legitimiert wird. Gerade dann, wenn nicht der „offizielle“ Scharia-Rechtsweg eingehalten wurde und die Steinigung stärker den Charakter eines Ehrenmordes hat, wird sie umso mehr durch eine Mauer des Schweigens vertuscht.

Woher stammt diese Hinrichtungsart?

Das Wissen über die Steinigung in frühen Kulturen ist sehr lückenhaft. In jedem Falle scheint die Steinigung aber eine sehr alte Hinrichtungsform zu sein, die weltweit an mehreren Stellen in sehr verschiedenen Kulturen bekannt war.

Steinigungen waren nicht nur eine Strafe der Israeliten. Auch im antiken Griechenland vor der römischen Herrschaft waren Steinigungen verbreitet, wenn auch nicht häufig. Sie wurden in erster Linie für Verrat und schwere religiöse Vergehen vollstreckt. Im präkolumbischen Mittelamerika sollen Ehebrecher gesteinigt worden sein. Vereinzelt gibt es Hinweise auf Steinigungen bei den keltischen Iberern (ausschließlich für Vatermörder) und einzelne Berichte von Steinigungen bei Etruskern, im vorchristlichen Skandinavien und durch baltische Slawen. In wieweit es sich dabei um Einzelfälle gehandelt hat, und ob Steinigungen im vorislamischen Afrika, in Mittel- und Ostasien vollstreckt wurden, ist der IGFM nicht bekannt.

Im Widerspruch zu internationalen Rechtsnormen

Die Steinigung verstößt wegen ihrer außerordentlichen Grausamkeit nicht nur gegen die Grundsätze der Menschlichkeit, sie steht auch im krassen Widerspruch zu internationalem Recht. Die Steinigung verstößt gegen die Artikel 3 und 5 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte und die Artikel 6 und 7 des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte, die das Recht auf Leben und das Verbot von Folter und unmenschlicher Bestrafung festschreiben. Sie steht ebenso in eklatantem Widerspruch zur Anti-Folter-Konvention der Vereinten Nationen und zum Zweiten Fakultativprotokoll zum Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte zur Abschaffung der Todesstrafe. Die Steinigung für Vergehen wie „Ehebruch“ verstößt zudem gegen allgemeine Rechtsgrundsätze, da es sich um eine völlig unangemessene Bestrafung handelt.

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