Belarus: Sieben Amtszeiten sind sechs zu viel!

Im Zentrum des Bildes steht Alexander Lukaschenko in einer militärischen Weste, mit Waffe in der Hand. Hinter ihm reihen sich mehrere Reihen schwer gepanzerter Bereitschaftspolizisten mit Schilden – eine eindrucksvolle Darstellung staatlicher Gewalt und Einschüchterung. Quer über das Bild verläuft ein roter Streifen mit der Aufschrift: „ЖЫВЕ БЕЛАРУСЬ ЖЫВЕ ВЕЧНА“ – „Es lebe Belarus, ewig lebe es“, ein zentraler Slogan der belarussischen Demokratiebewegung. Das Bild kontrastiert symbolträchtig den autoritären Führer und seine Repressionskräfte mit dem Freiheitswillen des belarusischen Volkes.
IGFM: Europa muss strenger Achtung der Menschenrechte in Belarus einfordern
Fünf Jahre nach den Protesten in Belarus
5 Jahre Repression 31 Jahre Tyrannei in Belarus

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Fünf Jahre nach den historischen Protesten in Belarus leben Tausende Belarusen im deutschen Exil. Viele von ihnen kämpfen noch immer um rechtliche Sicherheit und gesellschaftliche Teilhabe. Während die Repressionen des Lukaschenko-Regimes unvermindert andauern, stehen Geflüchtete in Deutschland vor komplexen bürokratischen Hürden, die ihre Integration und ihr Recht auf Schutz gefährden. Die Belarusen in Deutschland erzählen von ihrem Alltag und ihren Ängsten.
Frankfurt am Main / Minsk, 7. August 2025 – Fünf Jahre nach den Massenprotesten gegen die gefälschten Wahlen 2020 ist Belarus ein Staat, in dem freie Meinungsäußerung als Verbrechen gilt. Die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) warnt: Belarus ist ein Ort totalitärer Kontrolle, systematischer Gewalt und vollständiger Straflosigkeit. Die IGFM fordert Unterstützung für die Belarussen in Europa, die nicht nach Hause zurückkehren können, und eine entschlossenere Haltung Europas gegenüber dem Lukaschenko-Regime.
Wie das Menschenrechtszentrum Viasna am 4. August 2025 meldet, befinden sich aktuell 1182 Personen in Belarus aus politischen Gründen in Haft allein deshalb, weil sie ihre Meinung gesagt, friedlich demonstriert oder unabhängig berichtet haben. Viele dieser politischen Gefangenen wurden gefoltert, medizinisch vernachlässigt oder unter Druck gesetzt. Wer sich zur Opposition bekennt, droht die Wegnahme der Kinder. Wer protestiert, landet im Gefängnis. Wer flieht, läuft Gefahr, ausgebürgert zu werden und nie wieder in seine Heimat zurückkehren zu dürfen.
Ein autoritäres Langzeitprojekt – keine Ausnahme
„Wir beobachten ein System der Einschüchterung, das inzwischen Generationen geprägt hat“, kommentiert Edgar Lamm, Vorsitzender der IGFM. „Die Repression von 2020 war kein Einzelfall – sie ist Teil eines über Jahrzehnte aufgebauten autoritären Systems unter Alexander Lukaschenko, das auf systematischer Gewalt und dem Zerschlagen jeglicher Zivilgesellschaft beruht.“
Tatsächlich zeigen die Zahlen das ganze Ausmaß:
- Über 50.000 willkürliche Festnahmen im Zusammenhang mit Protesten
- Mehr als 800 NGOs und Medien wurden verboten oder liquidiert
- Hunderte Verfahren wegen „Extremismus“, oft ohne rechtsstaatliche Standards
- Verfolgung von Pfarrern, Gewerkschaftern, Schülern, Rentnern, Müttern nach regimekritischen Äußerungen
- Systematische Folter und Isolation politischer Gefangener
- Entzug von Sorgerecht gegenüber oppositionellen Eltern
- Tausende im Exil – viele mit drohenden Haftbefehlen im Gepäck
- Bis heute keine klaren Informationen über den Zustand von prominenten Gefangenen wie Maria Kalesnikawa und Wiktar Babaryka
Belarussische Demokratiebewegung: Symbol der Hoffnung
Trotz massiver Verfolgung lebt die belarussische Demokratiebewegung weiter – im Exil, in Gefängniszellen, auf der Straße. So werden Swjatlana Tichanowskaja und andere Exil-Oppositionelle am 09. August 2025 in Warschau erneut mit einem großen Protestmarsch „Aufmarsch der Freiheit“ demonstrieren.
IGFM: Europa muss handeln – jetzt
Die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte fordert von der Bundesregierung, der EU und den Vereinten Nationen eine klare und konsequente Politik gegenüber dem Regime in Minsk:
- Forderung nach Freilassung aller politischen Gefangenen ohne Bedingungen
- Eine internationale Untersuchung systematischer Folter in Belarus
- Keine Aufhebung von Sanktionen ohne rechtsstaatliche Reformen und Verantwortlichkeit
- Gezielte Sanktionen gegen Richter, Staatsanwälte, Geheimdienstverantwortliche und Funktionsträger
- Aufbau eines EU-weiten humanitären Programms für belarusische Geflüchtete und deren Familien
- Verlängerung von Visa und Ausstellung neuer Aufenthaltstitel für Belarusen in Deutschland, die nicht zurückkehren können
Die Menschen in Belarus verdienen nicht nur Solidarität, sondern konkrete politische Konsequenzen. Die internationale Gemeinschaft darf sich nicht von der scheinbaren „Stabilität“ eines Unrechtsregimes täuschen lassen. Fünf Jahre nach den größten Protesten in der Geschichte des Landes ist klar: Ohne internationalen Druck wird das System Lukaschenko weiterbestehen – auf dem Rücken der eigenen Bevölkerung.
Hintergrund: Was 2020 geschah – und was blieb
Am 9. August 2020 fanden in Belarus Präsidentschaftswahlen statt, die nach übereinstimmender Einschätzung internationaler Beobachter weder frei noch fair waren. Der Amtsinhaber Alexander Lukaschenko erklärte sich mit 80 Prozent zum Sieger – obwohl unabhängige Zählungen und Umfragen eine Mehrheit für die Oppositionskandidatin Swjatlana Tichanouskaja nachwiesen.
Die Reaktion der belarusischen Bevölkerung: landesweite Massenproteste, bei denen Hunderttausende auf friedliche Weise Neuwahlen forderten. Der Staat antwortete mit äußerster Brutalität: Verhaftungen mit Todesfällen, Verschleppungen, Folter und öffentliche Demütigungen wurden zum Alltag. Innerhalb weniger Monate wurde die belarussische Zivilgesellschaft systematisch zerschlagen. Bis heute sitzt die Führung der Opposition im Exil, große Teile der Bevölkerung leben in permanenter Angst. Mehr Fakten zu 5 Jahren Massenunterdrückung in Belarus können Sie hier nachlesen.
ISHR-Delegation bei Tichanouskaja: Solidarität mit Belarus im Exil

Von links: Sviatlana Tsikhanouskaya (Gewählter Präsident von Belarus), Thomas Schirrmacher (Präsident ISHR) und Matthias Böhning (Generalsekretär ISHR) auf der Sitzung in Vilnius am 7. August 2025
Am 07. August haben ISHR-Generalsekretär Matthias Boehning und ISHR-Präsident Prof. Dr. Dr. Thomas Paul Schirrmacher die belarusische Oppositionsführerin Swjatlana Tichanouskaja getroffen.
Tichanouskaja betonte, wie wichtig internationale Unterstützung ist:
„Sprechen Sie das Thema in Ihrem eigenen Land an. Fragen Sie Ihre Regierung: Was unternimmt sie, um die Belarusen zu unterstützen? Welche Schritte unternimmt sie, um politische Gefangene zu befreien und humanitäre Probleme anzugehen? Arbeitet sie mit den belarusischen demokratischen Kräften zusammen?
Für uns ist es wichtig, nicht nur das Bewusstsein für die Situation in Belarus zu schärfen, sondern auch neue Fachkräfte und zukünftige Führungskräfte für ein demokratisches Belarus vorzubereiten. Demokratie unterscheidet sich von Diktatur. In einer Demokratie ist Initiative gefragt – man wird nicht bestraft, wenn man seine Meinung sagt oder handelt.
Wir Belarusen mussten verstehen lernen, wie demokratische Strukturen funktionieren. Also haben wir das gemeistert, unsere eigenen demokratischen Strukturen aufgebaut und lernen nun, wie wir innerhalb dieser Strukturen zusammenarbeiten können.
Was Ihre Organisation (IGFM) tun kann, ist Folgendes: Wenn Sie Austauschprogramme anbieten, wir haben einen starken Jugendflügel in unserer Bewegung. Wenn es Möglichkeiten für sie gibt, von Ihren Erfahrungen zu lernen und auch ihre eigenen zu teilen, wäre das ein fantastischer erster Schritt. Selbst ein kleines Engagement kann einen Unterschied machen”.