Menschenrechtslage im Iran

Die Islamische Republik Iran ist ein Unrechtsstaat und missachtet systematisch die Rechte ihrer Bürger. Angehörige ethnischer, religiöser und politischer Minderheiten sind im Iran vielfacher Diskriminierungen ausgesetzt. Die IGFM veröffentlicht hier regelmäßig Berichte und informiert über die Menschenrechtssituation im Iran.
Die Hinrichtungsmaschinerie der Islamischen Republik hat am 23. Januar 2024 zwei weitere Gefangene willkürlich getötet: Mohammad Ghobadlou, einen inhaftierten Demonstranten, und Farhad Salimi, einen kurdischen Sicherheitsgefangenen.
Nach Angaben der Menschenrechtsorganisation HRANA wurden zwischen dem 22. Dezember 2023 und dem 20. Januar 2024 etwa 90 Personen hingerichtet.
Der 24-jährige Mohammad Ghobadlou war einer der ersten Demonstranten, die nach der Ermordung von Jina Mahsa Amini im September 2022 im Rahmen der landesweiten Bewegung „Frau, Leben, Freiheit“ festgenommen wurden. Mohammad wurde des vorsätzlichen Überfahrens einer Gruppe von Polizisten und des Mordes an Farid Karampour angeklagt. Der Prozess gegen ihn fand vor der 15. Abteilung des Revolutionsgerichts unter dem Vorsitz des Todesrichters Abolghasem Salavati statt. Nach Angaben der Justiz wurde das Vergeltungsurteil gegen Mohammad vollstreckt, nachdem es vom Obersten Gerichtshof bestätigt worden war. Amir Raisian, der Anwalt von Mohammad, berichtete jedoch, dass über die Wiederaufnahme des Verfahrens vor dem Obersten Gerichtshof noch nicht entschieden worden sei.
Im Juli 2023 wurde das Urteil ausgesetzt, um eine neue gerichtsmedizinische Untersuchung zu ermöglichen (Der junge Iraner litt an einer bipolaren Störung und war in Behandlung). Das neue Strafmaß wurde dem Anwalt und dem Angeklagten bis vorgestern nicht mitgeteilt. Die Vollstreckung des Urteils gegen Mohammad entbehre daher jeder rechtlichen Grundlage und stelle zweifelsfrei einen Mord dar, so Raisian.
Die inhaftierte Friedensnobelpreisträgerin Narges Mohammadi kündigte an, dass 61 politische Gefangene im Evin-Gefängnis am heutigen Donnerstag, den 25. Januar 2024 in einen Hungerstreik treten werden, um gegen die jüngsten Hinrichtungen zu protestieren.
Mohammad Ghodadlou ist der achte Demonstrant, den das Regime willkürlich hingerichtet hat. Vor ihm wurden sieben Demonstranten im Zusammenhang mit den Protesten „Frau, Leben, Freiheit“ getötet. Ziel des Regimes ist es, die mutigen Iraner, die den Sturz des Regimes fordern, weiter einzuschüchtern.
Kurdischer Sicherheitsgefangener nach 14 Jahren Haft hingerichtet
Der kurdische Sicherheitsgefangene Farhad Salimi wurde nach 14 Jahren im Ghezelhesar-Gefängnis hingerichtet, ohne die Möglichkeit eines letzten Treffens mit seiner Familie.
Farhad war zusammen mit sechs weiteren Angeklagten – Ayoub Karimi, Ghasem Abeste, Davoud Abdollahi, Anvar Khezri, Kamran Sheikhe und Khosro Besharat – wegen „Mitgliedschaft in einer illegalen Gruppe, Kriegsführung gegen Gott und Korruption auf Erden“ zum Tode verurteilt worden. Ghasem Abeste und Ayoub Karimi waren bereits im November 2023 hingerichtet worden, Davoud Abdollahi am 2. Januar 2024. Den anderen drei Angeklagten droht die Todesstrafe.
Todesurteil für vier kurdische Sicherheitsgefangene
Mohsen Mazloum, Mohammad (Hajir) Faramarzi, Vafa Azarbar und Pejman Fatehi, sind weitere kurdische Sicherheitsgefangene, die sich in akuter Lebensgefahr befinden. Sie wurden der „Kollaboration mit Israel“ beschuldigt und zum Tode verurteilt. Der Oberste Gerichtshof bestätigte dieses Urteil.
Die IGFM hat mehrfach auf ihre Situation aufmerksam gemacht und ihre sofortige Freilassung gefordert.
Die IGFM hält am 25. Januar 2024 um 11:00 Uhr eine Pressekonferenz ab, gemeinsam mit den Ehefrauen von Pejman Fathi und Mohammad Faramarzi, um auf das Schicksal der beiden Gefangenen aufmerksam machen. Dr. Nargess Eskandari-Grünberg, Bürgermeisterin der Stadt Frankfurt, Behrouz Asadi, Leiter des Hauses der Kulturen und Interkulturelle Zusammenarbeit und Kommunikation, und Valerio Krüger, Referent für Öffentlichkeitsarbeit der IGFM, sind die Gesprächspartner der Pressekonferenz.
Internationaler Tag der gefährdeten Anwältinnen und Anwälte
Anlässlich des Internationalen Tags der gefährdeten Anwältinnen und Anwälte veröffentlichten Experten der Vereinten Nationen eine Erklärung, in der sie die Verletzung der Anwaltsrechte im Iran verurteilen. In dieser Erklärung wurde die Verhaftung von mindestens 66 Anwälten nach Beginn der landesweiten Proteste 2022 angesprochen und ausgeführt, dass die Maßnahmen des Regimes mit dem Ziel durchgeführt wurden, die Anwälte einzuschüchtern und die Verteidigung der Rechte der protestierenden Bürger zu verhindern.
Der iranische Anwalt Khosro Alikordi hat am Vorabend des Internationalen Tags der gefährdeten Anwälte (24. Januar 2024) ein Video veröffentlicht, in dem er die Islamische Republik als „Verletzer der Rechte der Anwälte“ bezeichnet. Der Anwalt kündigte einen friedlichen Sitzstreik vor dem Gebäude der Anwaltskammer der Provinz Khorasan an. Er wollte diesen durchhalten,- bis die zuständigen Behörden eine Lösung für sein zweijähriges Berufsverbot finden. Laut Gerichtsurteil wurde Khosro Alikordi wegen seiner anwaltlichen Tätigkeit zu einem Jahr Gefängnis, zwei Jahren Verbannung, zwei Jahren Berufsverbot als Anwalt und zwei Jahren Ausreiseverbot verurteilt. Alikordi ist Anwalt einiger Familien von Opfern der Proteste im vergangenen Jahr und von politischen Gefangenen, darunter Fatemeh Sepehri. Alikordi wurde aufgrund seiner Interviews mit oppositionellen, farsi-sprachigen Medien außerhalb des Irans verurteilt. Ihm wurden Propagandaaktivitäten zugunsten von Gruppen, die gegen das Regime sind, vorgeworfen.
Die Rechtsanwältin Gelaleh Vatandoost wurde vom Revolutionsgericht in der Provinz Kurdistan zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt. Ihr wird vorgeworfen, Propaganda gegen das Regime in den sozialen Medien betrieben zu haben und Mitglied in Anti-Regime-Gruppen gewesen zu sein. Am 3. Oktober 2022 wurde sie von den Sicherheitskräften in Sanandaj festgenommen und schließlich am 19. Oktober 2022 gegen Kaution aus dem Sanandaj-Gefängnis freigelassen. Die Frauen- und Kinderrechtsaktivistin wurde aufgrund ihrer Aktivitäten mehrfach von den Sicherheitsbehörden vorgeladen und verhört.
Nach den landesweiten Protesten im Jahr 2022 hat die iranische Regierung den Druck auf Anwälte erhöht. Derzeit befinden sich die Anwälte Amirsalar Davoudi, Mohammad Najafi, Arash Keykhosravi und Jalal Fatemi im Iran in Haft. Die Urteile für die übrigen Anwälte , die in den vergangenen Monaten unter Druck gesetzt wurden und auf ein Urteil warten, -stehen noch aus.
Im November 2023 übernahm der Bundestagsabgeordnete Jonas Geissler im Rahmen des Patenschaftsprogramms der IGFM die politische Patenschaft für Arash Keykhosravi. Seit Juni 2021 setzt sich der CDU-Bundestagsabgeordnete Norbert Altenkamp für Amirsalar Davoudi ein. Im Juni 2023 hat der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil die politische Patenschaft für den inhaftierten Anwalt Mohammad Najafi übernommen.