Kostiantyn Zinovkin

Der ukrainische Ingenieur Kostiantyn Zinovkin, geboren am 22. Oktober 1989, ist am 12. Mai 2023 wegen „Verletzung der Ausgangssperre“ verhaftet worden. Am 25. Januar 2024 wurde Kostiantyn zu einer weiteren Anhörung nach Melitopol gebracht, es ist allerdings noch nichts über seine Verurteilung oder andere Ergebnisse bekannt.
Ukrainischer Ingenieur in russischer Gefangenschaft
Kostiantyn ist von Beruf Ingenieur, hat aber auch viele Jahre als Tänzer im Ausland gearbeitet. Er baute seine eigene Metallwerkstatt auf und wollte sich in seiner Heimatstadt Melitipol (Region Saporischschja, Ukraine) selbständig machen, hatte aber keine Möglichkeit, ein eigenes Unternehmen zu gründen, weil die russische Invasion begann. Während der Besatzung arbeitete er nicht, sondern lebte von seinen Ersparnissen. Im Mai 2023 verließ Kostiantyn sein Haus und kehrte nicht mehr zurück. Heute ist bekannt, dass er vom russischen Militär entführt wurde und sich in russischer Gefangenschaft befindet.
Gesundheitszustand
Vor der Gefangenschaft hatte Kostiantyn keine chronischen Krankheiten oder gesundheitlichen Probleme. Seitdem schreibt Kostiantyn in seinen Briefen, er fühle sich „normal“. Was normal unter diesen Bedingungen bedeutet, bleibt unklar. Auf dem russischen Propagandasender, auf dem Kostiantyn gezeigt wird, kann man sehen, dass er zumindest äußerlich unversehrt ist.
Inhaftierung und Prozess
Am Morgen des 12. Mai 2023 verließ Kostiantyn das Haus und kehrte nicht mehr zurück. Statt ihm kamen drei Unbekannte mit Sturmhauben und öffneten mit Kostiantyns Schlüssel seine Wohnungstür. Seine Mutter war zuhause zu diesem Zeitpunkt. Die Unbekannten teilten ihr mit, dass Konstantin wegen „Verletzung der Ausgangssperre“ verhaftet und auf die Militärbehörde gebracht worden sei. Die Männer sagten seiner Mutter, sie solle sich keine Sorgen machen. Sie führten eine nicht genehmigte Hausdurchsuchung durch, die mehrere Stunden dauerte. Sie nahmen alles Geld mit, das sie finden konnten, Kostiantyns Dokumente, die Schlüssel zu seiner Werkstatt und seiner Datscha, einen Computer und ein Jagdgewehr. Später stellte sich heraus, dass die Werkstatt geplündert und auch das in der Garage stehende Auto mitgenommen worden war.
Am 14. Juni 2023 kamen Beamte, die sich als Ermittler ausgaben, erneut in das Haus, um es zu durchsuchen. Sie sagten seiner Mutter, dass der Fall Kostiantyn vom FSB bearbeitet werde und dass Kostiantyn angeblich gestanden habe, „einen Mann in die Luft sprengen zu wollen“. Außerdem teilten sie ihr mit, dass er auf der Polizeistation im Dorf Priasovske (Bezirk Melitopol) festgehalten werde. Zwei Tage später konnte Kostiantyns Mutter ihm einige Kleidungsstücke vorbeibringen. Als sie am 26. Juni 2023 erneut zur Polizeistation fuhr, berichtete man ihr dort, dass Kostiantyn in das Untersuchungsgefängnis im Dorf Tschongar (Region Cherson) verlegt worden war.
Zur selben Zeit begann Kostiantyn’s Ehefrau, Anfragen an die russische Seite zu schreiben: an die Staatsanwaltschaft, das Verteidigungsministerium und die Ombudsfrau. Am 14. August 2023 teilte die Staatsanwaltschaft Melitopol seiner Ehefrau mit , dass gegen ihren Ehemann ein Strafverfahren eingeleitet wurde. Die Haftstrafe wurde bis zum 29.01.2024 verlängert. Seit Januar 2024 befindet er sich im Untersuchungsgefängnis Nr. 2, Dorf Tschongar, Region Cherson.
Seine Familie hat die Möglichkeit mit Kostiantyn über brieflichen Austausch im Kontakt zu sein, etwa einmal im Monat erhalten sie einen Brief per Post an ihre Heimatadresse in Melitopol. Außerdem fährt seine Mutter einmal im Monat nach Tschongar und versorgt ihn mit Lebensmitteln. In den Briefen schreibt Kostiantyn, dass ihm ein Anwalt zugeteilt wurde. Es ist jedoch zu erwarten, dass er nicht Kostiantyns Interessen vertritt. Er bedankte sich außerdem für die Lebensmittel, woraus seine Ehefrau schließt, dass Kostiantyn zumindest einen Teil der Lebensmittel erhält.
Am 29. Oktober 2023 wurde der Ingenieur in den Nachrichten im russischen Fernsehen (Kanal Russia 1) gezeigt. In dem Videoclip bezeichnet ein Journalist Kostiantyn als Terroristen und kranken Menschen, weil er behaupten würde, die Ukraine sei unabhängig und Russland ein terroristisches Land. Obwohl gegen Kostiantyn ein Strafverfahren eingeleitet wurde und er sich im Untersuchungsgefängnis befand, hat Russland nie offiziell bestätigt, dass er sich in Gefangenschaft befindet. Auch das Internationale Rote Kreuz bestätigt den Status der „Gefangenschaft“ nicht. Das russische Verteidigungsministerium und der FSB leugnen, einen Gefangenen zu haben.
Kostiantyn wurde am 25. Januar 2024 zu einer weiteren Anhörung nach Melitopol gebracht, allerdings kam es wieder nicht zu einer Verurteilung. Nachdem er im März 2024 in ein Untersuchungsgefängnis in Mariupol in der Region Donezk verlegt wurde, übernahm ein Militärgericht im Südbezirk von Rostow am Don (Russische Föderation) seinen Fall. Die erste Gerichtsverhandlung Ende November 2024 fand per Videoschaltung statt, da sich Kostiantyn weiterhin in der Haftanstalt in Mariupol befand.
Seit Januar 2025 ist Kostiantyn im Untersuchungsgefängnis Nr. 1 in Rostow am Don inhaftiert. Ende März und Mitte April fanden zwei weitere Gerichtsverhandlungen statt. Allerdings kam es auch dabei zu keiner Verurteilung. Wie viele Verhandlungen es in diesem Schauprozess noch geben wird, ist unklar. Der nächste Termin ist für den 7. Mai 2025 angesetzt.
Stand: April 2025