Niloofar Hamedi

Die iranischen Journalistinnen Elaheh Mohammadi und Niloofar Hamedi, die als erste über den ungerechten Tod von Mahsa Amani berichteten und damit eine weltweite Protest-Welle auslösten, wurden am 22. Oktober 2023 zu sieben Jahren (Niloofar Hamedi) und zu sechs Jahren Haft (Elaheh Mohammadi) verurteilt. Am 14. Januar 2024 kamen Beide gegen Kaution frei. Schon einen Tag später wurde gegen sie allerdings ein neues Verfahren eröffnet.

Niloofar Hamedi
Geburtsdatum: 22. Oktober 1992

Verhaftet: 22. September 2022

Anklage: „Spionage“ „Kooperation mit dem Feindstaat USA“ „Propaganda gegen den Staat“

Urteil: sieben Jahre

Erneutes Verfahren ein Tag nach Entlassung auf Kaution

Die 22- jährige kurdische Iranerin Jina-Mahsa Amini verstarb drei Tage nachdem sie von der Sittenpolizei Irans am 13. September 2022 festgenommen und massiv misshandelt wurde. Grund hierfür war die „nicht angemessene“ Bedeckung ihres Haares. Die Journalistin Niloofar Hamedi, die für die Zeitung „Shargh“ schrieb, riskierte ihr Leben als sie über Aminis Tod berichtete. Die 1992 geborene Reporterin veröffentlichte als erste Bilder von den weinenden Eltern im Krankenhaus, nachdem ihre Tochter im Polizeigewahrsam zusammengebrochen war und schließlich ins Koma fiel. Elaheh Mohammedi reiste in Aminis kurdische Heimatstadt Saqqez, um über deren Beerdigung zu berichten. Ihre Berichterstattung löste einen der größten Proteste Irans aus und erreichte weltweite mediale Aufmerksamkeit.

Artikel über Gewalt an Frauen

Niloofar Hamedi beschäftigte sich bereits zuvor mit Gewalt gegen Frauen und schrieb über Selbstverletzung von Betroffenen häuslicher Gewalt. Die Tageszeitung „Shargh“, bei der sie tätig war, veröffentlichte immer wieder „kritische“ Beiträge und testete somit die Grenzen des repressiven Staates aus. Obwohl Niloofar zu jeder Zeit die Genehmigung der Regierung besaß, ihrer Arbeit als Journalistin nachzugehen, wurde sie aufgrund ihrer Berichterstattung am 22. September 2022 verhaftet, Elaheh Mohammadi kurze Zeit später. Beide Journalistinnen befanden sich über ein Jahr im Gefängnis.

Am 14 Januar, nach 17 Monaten Haft, wurden beide gegen eine Kaution von jeweils 180.000 Euro vorläufig freigelassen. Doch bereits 24 Stunden nach ihrer Freilassung, am 15. Januar, leitete die Justiz der Islamischen Republik ein neues Verfahren gegen sie ein, weil sie nicht das vorgeschriebene Kopftuch getragen hatten und die Bilder von ihnen ohne Kopftuch in den sozialen Medien veröffentlicht wurden.

Anklage wegen „Kooperation mit dem Feindstaat USA“

Das Teheraner Revolutionsgericht legte den Journalistinnen schwere Anklagen zur Last – darunter „Versammlung und Absprache gegen die nationale Sicherheit des Landes“, „Kooperation mit der USA“ und „Propaganda gegen den Staat“. Die Vorwürfe sind vollkommen willkürlich und dienen beispielhaft für die zunehmende Einschränkung der Zivilgesellschaft Irans. Weiterhin soll der zuständige Richter Abolghassem Salavati für besonders harte Urteile bekannt sein. Der zweite und letzte Prozess gegen Niloofar fand am 25. Juli 2023 hinter verschlossenen Türen statt. Sie bestritt alle Vorwürfe und teilte dem Gericht mit, dass sie stolz auf das sei, was sie als Journalistin erreicht habe.

Am 01. August 2023 behauptete nun der Justizsprecher Masoud Setayeshi, die Anklage gegen Niloofar stehe nicht im Zusammenhang mit der Berichterstattung über Jina-Mahsa Amini und ihrer journalistischen Karriere, sondern Grund für ihre Anklage sei ihre Zusammenarbeit mit dem „Feindstaat USA“.

An ihrem 31. Geburtstag, den 22. Oktober 2023 verurteilte man Niloofar zu 13 Jahren Haft – davon werden sieben Jahre Haft vollstreckt. Sieben Jahre erhielt die Journalistin wegen angeblicher „Zusammenarbeit mit der feindlichen Regierung der USA“, fünf Jahre Haft für „geheimer Absprachen zur Begehung von Verbrechen gegen die Sicherheit des Landes“ und 1 Jahr Haft wegen „Propaganda gegen das Regime“. Darüber hinaus verurteilte man sie zu einen zweijährigen Verbot Mitglied in politischen Parteien oder Gruppen zu sein, in sozialen Medien aktiv zu sein oder für die Medien zu arbeiten. Gegen das vorläufige Urteil kann innerhalb von 20 Tagen Berufung eingelegt werden. Auch eine Reduzierung der Strafe sei laut Justiz möglich.

Besuchs- und Telefonverbot

Im Dezember 2023 wurde Niloofar Hamedi und der ebenfalls inhaftieren Journalistin Elaheh Mohammadi ein Besuchs- und Telefonverbot mit ihren Familien bis Ende Januar 2024 auferlegt. Als Grund für diese Einschränkung gaben die Gefängnisbeamten die „ungewöhnliche Nutzung“ des Gefängnistelefons an. Die Einschränkung wurde verhängt, nachdem Niloofar und Elaheh am Telefon aus dem Evin-Gefängnis heraus ein Lied gesungen hatten, das in sozialen Netzwerken veröffentlicht wurde.

Mit Weltpreis für Pressefreiheit der UNESCO ausgezeichnet

Der Iran gehört seit 1979 weltweit zu den repressivsten Ländern für Journalisten. Wer kritisch über die Regierung berichtet, dem drohen Strafverfolgung, Verhaftung und Hinrichtung. Dabei erstreckt sich die Strafverfolgung ebenfalls auf ausländische Medien, geflüchtete Journalistinnen, die im Exil leben und ihre im Iran lebenden Verwandten. Laut der Rangliste für Pressefreiheit der Organisation „Reporter ohne Grenzen“ belegt die Islamische Republik Iran einen der letzten Plätze. Niloofar Hamedi wurde zusammen mit Elaheh Mohammadi wegen ihres außergewöhnlichem und vor allem mutigen Engagements von der UNESCO mit dem Weltpreis für Pressefreiheit ausgezeichnet. Trotz alldem befindet sie sich seit einem Jahr in Gefangenschaft und muss eine langjährige Haftstrafe verbüßen, weil sie Mahsa Aminis Geschichte erzählte.

Stand: Januar 2024

So können Sie Niloofar helfen:

Post an politische Gefangene ist oft ein wirksamer Schutz gegen Misshandlungen, denn die Post zeigt dem Gefängnispersonal und den Behörden, dass ein Gefangener im Ausland bekannt ist. Den politischen Gefangenen hilft das Wissen, in der Welt nicht vergessen zu sein.

Die belarussische Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja sagte der IGFM: „Schreibt Briefe, schreibt an die politischen Gefangenen. Sie freuen sich zum Teil wirklich wie kleine Kinder, wenn sie Post bekommen, man kann es sich kaum vorstellen. Es ist enorm wichtig. Nehmt Euch vor: Einmal in der Woche schreibt jeder eine Karte, damit die Menschen wissen, dass sie nicht vergessen werden“

Deshalb: Schreiben Sie aufmunternde Worte direkt an Niloofar Hamedi.

To

Evin Prison

Kachoui Alley

Tehran

Islamic Republic of Iran

Bitte schreiben Sie an den iranische Justizchef in Teheran, Gholamhossein Mohseni-Ejei und an die Botschaften des Iran. Fordern Sie die sofortige und bedingungslose Freilassung der Gefangenen:

Chief Justice Gholamhossein Mohseni-Ejei
The judiciary
Valiasr Avenue, Pastor Avenue, In front of Jami police station
Tehran
Islamische Republik Iran
Fax: +98 21 66963705
Instagram: ejeii_org

Iranische Botschaft in Deutschland
Botschaft der Islamischen Republik Iran
Podbielskiallee 65-67
14195 Berlin
Tel. 0049-(0)30-84353399 und 0049-(0)30-843530
Fax: 0049-(0)30-8435 3535
E-Mail: info@iranbotschaft.de

Sehr geehrter Herr Botschafter,

mit diesem Schreiben bringe ich meine Besorgnis über die mir vorliegenden Berichte zur Verhaftung der 30-jährigen iranischen Journalistin Niloofar Hamedi zum Ausdruck.

Sie wurde nach ihrer Berichterstattung zum Tod von Mahsa Amini am 22. September 2022 verhaftet und mit „Versammlung und Absprache gegen die nationale Sicherheit des Landes“, „Kooperation mit dem Staat USA“ und „Propaganda gegen den Staat“ angeklagt. Am 26. Juli 2023 fand der letzte Prozess, in dem sie alle Vorwürfe bestritt, statt. Am 22. Oktober 2023 wurde sie zu sieben Jahren Haft und zu einem zweijährigen Verbot „Mitglied in politischen Parteien oder Gruppen zu sein, in sozialen Medien aktiv zu sein oder in den Medien zu arbeiten“ verurteilt.

Aufgrund ihres Journalismus muss sie eine langjährige Haftstrafe absitzen. Hamedi besaß zu jeder Zeit die Genehmigung der Regierung, um ihrer Arbeit bei der Zeitung „Shargh“ nachzugehen.

Mit größter Sorge bewegen mich die zahllosen Berichte über Verhaftungen von Journalisten und das gewaltsame Vorgehen von Sicherheitskräften, die bei mir große Zweifel an der Rechtstaatlichkeit der Justizverfahren aufkommen lassen.

Ich appelliere an Sie, Niloofar Hamedi umgehend und ohne Auflagen freizulassen. Nach internationalen Rechtsstandards hat sie in keiner Weise eine strafbare Handlung begangen. Niloofars Verhaftung ist willkürlich.

Außerdem appelliere ich an Sie, die Haftbedingungen in einem transparenten Verfahren zu untersuchen und die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. Ich bitte Sie herzlich, mir zu schreiben, was Sie unternommen haben.

Hochachtungsvoll

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نیلوفر حامدی#

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Weitere politische Gefangene in der Islamischen Republik Iran

Kamiar Fakour

Am 28. April 2023, am Vorabend des Tags der Arbeit, wurde Kamiar Fakour von Sicherheitsbeamten festgenommen und zusammen mit mehreren anderen Aktivisten ins Evin-Gefängnis gebracht. Am 09. Mai 2023 trat er schließlich seine acht-monatige Haftstrafe an.

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Aktuelle Pressemitteilungen der IGFM zur Menschenrechtssituation in Iran

2404, 2024

Natalie Pfau-Weller übernimmt politische Patenschaft

Die CDU-Landtagsabgeordnete Natalie Pfau-Weller übernimmt die politische Patenschaft für den iranischen Rentner Shahriyar Bayat. Er wurde im Rahmen der "Frau-Leben-Freiheit"-Proteste im September 2022 festgenommen, da er in den sozialen Medien angeblich regierungskritische Inhalte veröffentlichte. Im Februar 2024 wurde gegen ihn das Todesurteil verhängt.

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