Sergej Petruchin

Der Blogger und Autor wurde am 14. April 2021 wegen „grober Verletzung der öffentlichen Ordnung“ zu drei Jahren Haft in einer Strafkolonie verurteilt. Schon im Juni 2020 wurde er festgenommen. Am 17. Dezember 2022 wurde Sergej Petruchin aus der Haft entlassen.

3 Jahre Haft für Autor und Blogger

Sergej Petruchin
Geburtsdatum: 1971

Festnahme: 16. Juni 2020

Urteil: Zwei Jahre Haft in einer Strafkolonie

Seit dem 17. Dezember 2022 wieder frei!

Der Blogger Sergej Petruchin (Сергей Петрухин) wurde 1971 geboren und wohnt in der Grenzstadt Brest im Westen von Belarus. Als Blogger und Autor bespielt er verschiedene Youtube-Kanäle, darunter den Kanal „Volksreporter“. Am 16. Juni 2020 wurde er zum wiederholten Mal von der Polizei abgeführt, da er angeblich „die öffentliche Ordnung grob verletzt“ hatte. Für dieses Vergehen wurde der Blogger am 14. April 2021 vom Bezirksgericht in Mahiljou zu 3 Jahren Haft in einer Strafkolonie verurteilt. Nachdem Petruchin die drei-jährige Haftstrafe abgesessen hatte, wurde er am 17. Dezember 2022 entlassen.

Festnahmen und Haftbedingungen

Petruchins erste Festnahme ereignete sich am 6. Mai 2020 in Ostrov, wo er über eine Protestaktion berichtet hatte und von wo aus er ins Gefängnis in Brest gebracht wurde. Am 11. Mai 2020 wurde er vom Gericht zu 15 Tagen Haft in derselben Haftanstalt verurteilt, weil ihm vorgeworfen wurde, an einer nicht genehmigten Demonstration am 19. April 2020 gegen den Bau einer Batteriefabrik teilgenommen zu haben. Am 12. Mai 2020 wurde er positiv auf Covid-19 getestet und daraufhin im Zentralkrankenhaus von Brest behandelt. Nach seiner erneuten Festnahme im Bezirk Puchavičy, Region Minsk, am 16. Juni 2020 wurde Petruchin in die Untersuchungshaftanstalt Kobryn gebracht und am 25. Juni 2020 in das vorläufige Haftzentrum nach Minsk überführt. Während seiner Gerichtsverhandlung sollte er im Mahiljou Gefängnis unerwartet in eine andere Gefängniszelle mit Gewaltverbrechern verlegt werden. Um dieser Verlegung zu entgehen, schnitt er sich am 26. Februar 2021 mit einer Rasierklinge tief in beide Hände.

Anklagegrund

Sergej Petruchin und dem befreundeten Blogger Aleksander Kabanow wird laut der Staatsanwältin Tatsiana Amosava „Organisation und Teilnahme an Handlungen, die die öffentliche Ordnung grob verletzen“ nach Artikel 342 des Strafgesetzbuches vorgeworfen. Angeblich hätten sie im Auftrag von Sergey Tichanovsky, einem der Präsidentschaftskandidaten, und dem Sozialdemokrat Nikolaj Statkewitsch, „Aktivitäten“ durchgeführt, um soziale und politische Spannungen im Vorfeld der Wahlen zu erzeugen. Petruchin wird zusätzlich noch die Beleidigung eines Regierungsbeamten nach Artikel 369 und die Beleidigung eines Richters des Bezirksgerichts Brest nach Artikel 391 des Strafgesetzbuches vorgeworfen. Die beiden Blogger machten jedoch lediglich von ihrem Recht auf Versammlungs- und Meinungsfreiheit Gebrauch, indem sie an Mahnwachen teilnahmen und Unterschriften zur Nominierung alternativer Präsidentschaftskandidaten sammelten.

Gerichtsprozess und Urteil

Petruchin und Kabanow plädierten auf unschuldig im Sinne der Anklage, allerdings wurde ihnen die Teilnahme am weiteren Prozess aufgrund eines eines Verstoßes gegen die gerichtliche Anordnung am 11. Februar 2021 verwehrt. Die beiden Angeklagten mussten den Prozess somit bereits am ersten Verhandlungstag verlassen und hatten keine Möglichkeit mehr, sich in dem zweimonatigen Prozess vor dem Gericht zu äußern. Laut ihren Anwälten konnte die Staatsanwaltschaft keine Beweise für die Schuld ihrer Mandanten vorlegen. In dem am 14. April 2021 von Richterin Volha Krauchanka verlesenen Urteil von drei Jahren Haft wurden die Angeklagten zusätzlich zur Zahlung von 750 Rubel Schadensersatz aufgefordert. Nach drei Jahren Haft, wurde Sergej Petruchin im Dezember 2022 schließlich entlassen.

Stand: November 2023

Post an politische Gefangene ist oft ein wirksamer Schutz gegen Misshandlungen, denn die Post zeigt dem Gefängnispersonal und den Behörden, dass ein Gefangener im Ausland bekannt ist. Den politischen Gefangenen hilft das Wissen, in der Welt nicht vergessen zu sein.

Die belarussische Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja sagte der IGFM: „Schreibt Briefe, schreibt an die politischen Gefangenen und Inhaftierten. Sie freuen sich zum Teil wirklich wie kleine Kinder, wenn sie Post bekommen, man kann es sich kaum vorstellen. Es ist enorm wichtig! Nehmt Euch vor: Einmal in der Woche schreibt jeder eine Karte, damit die Menschen wissen, dass sie nicht vergessen werden.“

Sergej Petruchin wird als humorvoll beschrieben, der seinem guten Geist treu geblieben ist. Am 11.11.2020 schrieb er den „Brester Nachrichten“: „Hallo! Ich wohne gut, einfach ausgezeichnet, im besten Gefängnis von Belarus. Dank der Abwesenheit von Internet und Telefon habe ich die wunderbare Gelegenheit erhalten, mich meiner alten, für viele Jahre vernachlässigten Leidenschaft, dem Lesen zuzuwenden. Hier gibt es eine gute Bibliothek. (ironisch, Anmerkung)  Ich habe alles gelesen, was sie da hatten. Ich bin hier drinnen und sehe, wie sich das Rad weiterdreht. Mein Lieblingsspiel wird hier nicht gespielt.“

Deshalb: Schreiben Sie aufmunternde Worte an Sergej Petruchin.

Adresse in deutsch:

Sergej Petruchin
Penal Colony No. 3,
211300, Vitsba, Vitebsk region, Vitebsk district
Ispravitel’naja kolonija №3,
p.Vit’ba, Vitebskaja obl, Vitebskij rajon,
211300
Belarus

Wichtig: Wegen behördlicher Auflagen ist es nur möglich, auf russisch oder belarussisch zu schreiben. Sie finden eine entsprechende Vorlage inkl. Übersetzung untenstehend:

Lieber Sergej Petruchin,

in den Medien und Nachrichten in meinem Land stößt man immer wieder auf Ihren Namen und wird auf Ihre aktuelle Situation hingewiesen.
Dieses Schreiben soll Sie wissen lassen, dass Ihr Einsatz für Menschenrechte international große Anerkennung findet und dass die Welt Sie nicht vergessen hat. Wir alle hoffen, dass sie trotz der schwierigen Situation, in der Sie sich befinden, bei guter Gesundheit sind und man Sie fair behandelt.

Ich wünsche Ihnen, dass Sie bald wieder frei und mit ihrer Familie und Angehörigen vereint sein werden. Bleiben Sie tapfer.

Mit freundlichen Grüßen

XX

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Дарагі Сяргей!

У сродках масавай інфармацыі і навінах маёй краіны Ваша імя заўсёды згадваецца і паказваецца Ваш бягучы стан.

Мэта гэтага ліста – паведаміць Вам, што Ваша прыхільнасць правам чалавека прызнана на міжнародным узроўні і што свет не забыў Вас.

Мы ўсе спадзяемся, што, нягледзячы на складаную сітуацыю, у якой Вы апынуліся, у Вас добрае здароўе і што да Вас ставяцца справядліва.

Я жадаю, каб Вы хутка зноў сталі свабоднымі і уз’ядналіся з сям’ёю і блізкімі. Будзьце адважным.

З павагаю,

XX

Bitte wenden Sie sich an die Regierung von Belarus und an die Botschaften der Republik Belarus. Fordern Sie die sofortige und bedingungslose Freilassung von Sergej Petruchin:

Press Secretary of the Prime Minister of the Republic of Belarus:
Tel.: (017) 222-41-73
E-mail: press@government.by

Botschaft der Republik Belarus in Deutschland:

Hr. Denis Sidorenko (Botschafter)

Adresse: Am Treptower Park 32, 12435 Berlin

E-Mail: germany@mfa.gov.by

Büro des Botschafters Tel: 030/536 359

Fax: 030/536 359 23

Sehr geehrter Herr …,

ich schreibe Ihnen, um sie auf die willkürliche Gefangenschaft des belarussischen Autors und Bloggers Sergej Petruchin aufmerksam zu machen, der unschuldig am 14. April 2021 zu 3 Jahren Haft in einer Strafkolonie verurteilt wurde. Er wurde verurteilt, da er angeblich „die öffentliche Ordnung grob verletzt“ haben soll.

Sergej Petruchin und dem befreundeten Blogger Aleksander Kabanow wird laut der Staatsanwältin Tatsiana Amosava „Organisation und Teilnahme an Handlungen, die die öffentliche Ordnung grob verletzen“ nach Artikel 342 des Strafgesetzbuches vorgeworfen. Angeblich hätten sie im Auftrag von Sergey Tichanovsky, einem der Präsidentschaftskandidaten, und dem Sozialdemokrat Nikolaj Statkewitsch, „Aktivitäten“ durchgeführt, um soziale und politische Spannungen im Vorfeld der Wahlen zu erzeugen. Petruchin wird zusätzlich noch die Beleidigung eines Regierungsbeamten nach Artikel 369 und die Beleidigung eines Richters des Bezirksgerichts Brest nach Artikel 391 des Strafgesetzbuches vorgeworfen. Die beiden Blogger machten jedoch lediglich von ihrem Recht auf Versammlungs- und Meinungsfreiheit Gebrauch, indem sie an Mahnwachen teilnahmen und Unterschriften zur Nominierung alternativer Präsidentschaftskandidaten sammelten. Tatsächlich gibt es keine Beweise für derartige Vorwürfe.

Herr Petruchin wird unrechtmässig gefangen gehalten. Ihm wurde die Teilnahme an seinem Prozess aufgrund eines Verstoßes gegen die gerichtliche Anordnung am 11. Februar 2021 verwehrt. Er musste den Prozess somit bereits am ersten Verhandlungstag verlassen und hatte keine Möglichkeit mehr, sich in dem zweimonatigen Prozess vor dem Gericht zu äußern. Laut seinen Anwälten konnte die Staatsanwaltschaft keine Beweise für seine Schuld vorlegen.

Ich appelliere an Sie, Sergej Petruchin wegen erwiesener Unschuld umgehend und ohne Auflagen frei zulassen.

Ich danke Ihnen für Ihr Verständnis und bitte Sie herzlich, mich darüber zu informieren, was Sie zur Freilassung von Herrn Petruchin unternehmen werden.

Hochachtungsvoll

Weitere politische Gefangene in Belarus

Sergej Tichanowski

Der belarusische Blogger Sergej Tichanowski wurde 2020 verhaftet, weil er öffentlich Missstände im Land anprangerte und seine Frau bei der Präsidentschaftswahl unterstützte. Er saß eine drakonische 18-jährige Haftstrafe ab – isoliert, ohne Kontakt zur Außenwelt. Am 22. Juni 2025 wurde er freigelassen.

Frei: Juri Bubnow

Der Soziologe Juri Bubnow wurde am 12. Januar 2023 festgenommen und später zu zwei Jahren Haft verurteilt. Ihm wird die vermeintliche "Verleumdung" des belarusischen Präsidenten vorgeworfen. Hintergrund ist ein von Bubnow veröffentlichter Artikel über die Protestbewegungen im Jahr 2020.

Uladzimir Hundar

Der belarusische Aktivist wurde im Dezember 2020 willkürlich festgenommen und zu insgesamt 20 Jahren Haft verurteilt. Der schwerbehinderte Mann wird in Haft gefoltert, gedemütigt und unter menschenverachtenden Bedingungen gehalten. In einer Strafzelle wurde er taub. Sein Gesundheitszustand ist besorgniserregend.

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