Arsenij Turbin

Der russische Schüler wurde am 5. September 2023 in Liwny festgenommen. Ihm wird die angebliche „Beteiligung an einer extremistischen Organisation“ vorgeworfen. Er hatte Putin-kritische Flugblätter in den Briefkästen seiner Nachbarn verteilt. Nach über neun Monaten Hausarrest wurde Arsenij am 20. Juni 2024 zu fünf Jahren Strafkolonie verurteilt. Foto: novayagazeta.eu
Teenager wegen Putin-Kritik zu fünf Jahren verurteilt
Arsenij Turbin wurde am 19. August 2008 geboren und wuchs in der Stadt Liwny in der Region Orjol bei seiner alleinerziehenden Mutter auf. Er besuchte ein Gymnasium und wird als sehr erfolgreicher und motivierter Schüler beschrieben. Im September 2023 wurde Arsenij wegen des Vorwurfs der vermeintlichen „Teilnahme an einer extremistischen Vereinigung“ festgenommen. Ein Gericht stellte ihn zunächst unter Hausarrest, am 20. Juni 2024 wurde er jedoch zu einer fünfjährigen Haftstrafe verurteilt. Aktuell befindet sich Arsenij in der Untersuchungshaftanstalt Nr. 5 des Föderalen Strafvollzugsdienstes für Moskau. Sein Anwalt hat gegen das Urteil Berufung eingelegt.
Die Inhaftierung hat dem Jugendlichen psychisch sehr zugesetzt, er wurde u.a. von Mithäftlingen geschlagen. Die IGFM hat sich mit einem Brief dafür eingesetzt, dass Arsenij psychologische Betreuung erhält und besser vor Misshandlungen geschützt wird – mit Erfolg! Für Arsenij wurde nun ein qualifizierter Psychologe hinzugezogen, der eine Anti-Stress-Psychotherapie durchführte. Anschließend wurde Arsenij in eine andere Zelle verlegt.
Festnahme und Verurteilung
Die Wohnung von Arsenij und seiner Mutter wurde am 29. August 2023 frühmorgens von russischen Beamten durchsucht und einige Wertgegenstände beschlagnahmt. Einige Tage später, am 5. September 2023, wurde Arsenij festgenommen und in einer vorübergehenden Haftanstalt festgehalten. Ihm wird vom Inlandsgeheimdienst FSB die „Teilnahme an einer extremistischen Organisation“ vorgeworfen. Das Bezirksgericht Zavodskoy der Stadt Orjol lehnte einen Haftantrag der Ermittler ab und stellte Arsenij aufgrund seiner schulischen Leistungen zunächst unter Hausarrest, mit der Erlaubnis, weiterhin das Gymnasium zu besuchen. Während seines Hausarrests wurde Arsenij am 20. November 2023 in die Liste der Terroristen und Extremisten aufgenommen.
Am 20. Juni 2024 wurde Arsenij Turbin gemäß Artikel 205.5 Teil 2 des Strafgesetzbuches der Russischen Föderation („Beteiligung an den Aktivitäten einer Organisation, die nach den Rechtsvorschriften der Russischen Föderation als terroristisch anerkannt ist“) schuldig gesprochen. Ein Militärgericht in Moskau, unter Vorsitz des Richters Oleg Schischow, verurteilte ihn zu fünf Jahren Gefängnis. Der Teenager soll diese Zeit in einer Strafkolonie für Heranwachsende verbüßen.
Hintergrund des Vorwurfes
Das Urteil wird damit begründet, dass Arsenij im Juni und Juli 2023 Flugblätter mit dem Text „Brauchen Sie so einen Präsidenten?“ in den Briefkästen von Nachbarn verteilte, in denen kritisiert wurde, dass es in der Russischen Föderation keine Meinungsfreiheit und keine unabhängigen Medien gebe. Diese Handlung wurde vom FSB als „Verteilung extremistischer Propagandamaterialien auf Anweisung der Kuratoren der ukrainischen paramilitärischen Vereinigung Legion Freies Russland“ eingestuft. Arsenij gab zu, dass er Kontakt zur Legion Freies Russland aufgenommen und angeboten hatte, „Flugblätter aufzuhängen und Putins Propaganda zu bekämpfen“. Die Putin-kritischen Flugblätter habe er aber aus eigener Überzeugung, ohne die Anweisung durch Andere verteilt und er sei nie Mitglied der Organisation gewesen.
Die Legion Freies Russland ist ein internationales Freiwilligencorps im Verband der ukrainischen Streitkräfte. Sie besteht hauptsächlich aus russischen und belarusischen Legionisten, die unmittelbar nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine zur ukrainischen Armee überliefen und gegen ihre Landsmänner in die Schlacht ziehen. Die Legion Freies Russland ist in Russland verboten und wird von russischen Staatsorganen als „terroristische Organisation“ eingestuft, jegliche Verbindung zu ihr wird streng verfolgt und sehr hart bestraft.
Neue Entwicklungen
In einem ersten Berufungsverfahren wurde das Urteil gegen Arsenij bestätigt. Im Dezember 2024 wurde Arsenij in eine Jugendvollzugsanstalt in Gamovo in der nördlichen Region Perm überführt, das etwa 1.500km von Moskau entfernt liegt. Allerdings soll laut Gesetz ein minderjähriger Häftling seine Strafe in einer Region verbüßen, die möglichst nahe am Wohnort der Eltern liegt.
Stand: Dezember 2024