Li Qiaochu
Die chinesische Menschenrechtsaktivistin Li Qiaochu wurde am 6. Februar 2021 unter dem Vorwurf der „Untergrabung der Staatsgewalt“ verhaftet. Sie hatte zuvor Folter gegen ihren ebenfalls inhaftierten Partner Xu Zhiyong publik gemacht. Bild: Twitter/@liqiaochu01
Verhaftet wegen Einsatzes gegen Folter
Die in Peking lebende Menschenrechtsverteidigerin Li Qiaochu ist am 13.01.1991 geboren. Sie wurde am 6. Februar 2021 wegen„Untergrabung der Staatsgewalt“ festgenommen und ist seitdem in Linyi in der Provinz Shandong inhaftiert, wo ihr Lebensgefährte und Menschenrechtsverteidiger Xu Zhiyong ebenfalls inhaftiert ist und mit der gleichen Anklage konfrontiert wird. Am 28. April 2021 bestätigte die Staatsanwaltschaft die formelle Verhaftung wegen „Anstiftung zum Umsturz der Staatsmacht“. Li‘s Verhaftung folgt auf ihre Enthüllungen über die Folter von Xu Zhiyong und weiterer Menschenrechtsaktivisten sowie ihr Bestreben, die Behörden in Linyi als anwaltlicher Beistand kontaktiert zu haben. Ab dem 16. Februar 2020 wurde Li Qiaochu wegen ihres Einsatzes für die Menschenrechte erstmals in Isolationshaft genommen, ehe sie im Juni 2020 gegen Kaution zwischenzeitlich freikam.
Li Qiaochu setzt sich seit langem für Menschenrechte, gegen geschlechtsspezifische Gewalt, für Arbeitsrechte und für den Aufbau der Zivilgesellschaft im Allgemeinen ein. Li unterstützte neben ihrem Engagement für Wanderarbeiter auch verschiedene #MeToo-Kampagnen. Sie kritisierte die Vertuschungsversuche der chinesischen Behörden im Zuge der COVID-19 Pandemie und forderte, die Verantwortlichen für die Todesfälle zur Rechenschaft zu ziehen. Schon vor ihrer erneuten Festnahme war Li wegen ihrer Beteiligung an zivilgesellschaftlichen Aktivitäten wiederholt von Sicherheitsbeamten schikaniert worden. Seit mindestens Anfang Dezember 2019 wurden ihre Bewegungen und ihre Wohnung in Peking durchgehend überwacht. Die Behörden hindern Li Qiaochu bisher an ihrem Recht, einen Anwalt zu sehen.
Unter dem Vorwand der „nationalen Sicherheit“ werden sowohl ihrem Anwalt als auch ihrer Familie bisher weitgehend Informationen zu Anklagepunkten, Zwangsmaßnahmen oder Haftbedingungen verwehrt. Die Familie wurde von den Behörden unter Druck gesetzt, ihren Haftbefehl zu unterschreiben, ohne diesen lesen zu dürfen. Im Juni 2019 wurde bei Li Qiaochu eine Depression diagnostiziert, weshalb sie auf regelmäßige Medikamenteneinnahme angewiesen ist. Ihre Krankheit macht sie besonders anfällig für Misshandlungen bis hin zu Folter. Während ihrer Einzelhaft im Jahr 2020 wurde sie Opfer von Folter, u.a. durch das Vorenthalten wichtiger Medikamente und Schlafentzug. Als Folge verschlimmerten sich ihre Depressionen dramatisch, sie litt unter Panikattacken, Alpträumen, Schlafmangel und hatte Schwierigkeiten, sich zu konzentrieren.
Am 19. Februar 2021 erfuhr ihr Anwalt, Li Guopei, dass sie zwar nominell im Linyi City Detention Center inhaftiert ist, aber zu „Quarantänezwecken“ in einem Krankenhaus in Linyi festgehalten wird. Beim Versuch, sie zu sehen, erfuhr ihr Anwalt jedoch, dass sie offenbar aufgrund von Hormonstörungen 6 kg zugenommen hat. Diese werden durch Stress und Schlafmangel hervorgerufen. Es ist nicht bekannt, ob sie eine angemessene medizinische Versorgung erhält. Während ihrer ersten Haft von Februar bis Juni 2020 wurde Li Qiaochu als unter „Wohnüberwachung an einem bestimmten Ort“ (RSDL) inhaftiert bestätigt, eine Form des Verschwindenlassens, die im Strafprozessrecht vorgesehen ist und bei der die Polizei die Befugnis hat, jemanden bis zu sechs Monate an einem geheimen Ort ohne Zugang zu Familie oder Anwalt festzuhalten. Während dieser Zeit durfte sie keinen Besuch empfangen oder Kontakt zu Familie und Anwälten haben.
Systematische Menschenrechtsverletzungen in China
Formell steht die Weltmacht China zwar eigentlich unter der Macht des Volkes, in der Realität wird das Land allerdings autoritär von der kommunistischen Partei Chinas (KPCh) beherrscht. Obwohl der Schutz der Menschenrechte seit 2004 in der chinesischen Verfassung integriert und gesichert ist, stehen Menschenrechtsverletzungen dort an der Tagesordnung. Die Regierung geht mit aller Härte gegen kritische Aktivisten wie Li Qiaochu vor, Schätzungen zufolge gibt es mehr als 1000 politische Gefangene. Millionen Angehörige der uigurischen und kasachischen Minderheit sind in Internierungslagern Zwangsarbeit, Folter, und systematischer Verfolgung ausgesetzt.