Li Yanhe

Chinas Fokus auf Personen mit Verbindungen zu Taiwan hat in der letzten Zeit zugenommen. Li Yanhe ist der jüngste Fall von taiwanesischen Staatsangehörigen, die in China verschwunden sind und erst Monate später als verhaftet bestätigt wurden. Li wird von China verdächtigt, Aktivitäten zu betreiben, welche Chinas nationale Sicherheit gefährden.

Verleger willkürlich verhaftet

Li Yanhe, bekannter unter dem Pseudonym Fu Cha, ist Mitbegründer und Chefredakteur der „Gusa Press“ sowie Programmmoderator bei Radio Taiwan International. Ende März 2023 wurde Li bei seinem Besuch in Shanghai von Polizisten willkürlich festgenommen. Die chinesische Regierung ermittelt gegen Li wegen angeblicher „Gefährdung der nationalen Sicherheit“.   Über Li Yanhes Gesundheitszustand und Aufenthaltsort gibt es bisher keine Einzelheiten, auch das weitere Vorgehen der Behörden ist unbekannt. Die Volksrepublik China ist dafür bekannt, gegen das Recht der Meinungsfreiheit zu verstoßen und regimekritische Journalisten zu verfolgen.

Li Yanhe ist 1971 in der Volksrepublik China geboren und siedelte nach der Heirat mit einer Taiwanerin 2009 in die demokratische Inselrepublik um, wo er die Staatsbürgerschaft beantragte. Im selben Jahr gründete er die „Gusa Press“, zuvor war er in der chinesischen Verlagsbranche tätig . Li ist auch Gastgeber der Sendung „Seeing China This Way – Time with Fucha“ auf Radio Taiwan International, in der er über die chinesische Politik diskutiert.

Verhaftung
Li Yanhe wurde Ende März 2023 von der Polizei in Shanghai verhaftet, kurz nachdem er in China eingetroffen war, um seine Familie während des Qingming-Fests – das chinesische Totengedenkfest – zu besuchen. Nach Aussagen von Mitarbeitern wollte er sich auch um aufenthaltsrechtliche Fragen kümmern. Li besitzt bereits einen taiwanischen Personalausweis, muss aber seine Wohnortregistrierung (Hukou) in China auflösen, um die Einbürgerung abzuschließen. Die Verhaftung wegen mutmaßlichen „Aktivitäten, welche Chinas nationale Sicherheit gefährden“ wurde erst Ende April 2023 bekannt gegeben.  Häufig werden die Familien taiwanesischer Staatsangehöriger aufgefordert, die Verhaftung ihrer Angehörigen zu verschweigen, mit dem falschen Versprechen, dass sie schneller freigelassen werden würden, wenn es keine Interessenvertretung gebe.

Der „Gusa Press“ Verlag
Gusa Press wurde 2009 gegründet und publiziert Bücher, die die Kommunistische Partei kritisieren oder die Tabu-Themen in China berühren. Die Bücher behandelten unter anderem den Umgang mit der blutigen Niederschlagung der Demokratiebewegung 1989,   den globalen Einfluss chinesischer Propaganda sowie die Verfolgung muslimischer Uiguren im nordwestchinesischen Xinjiang. Auch Übersetzungen von englischen Büchern wie von Louisa Lims „The People’s Republic of Amnesia“ bis zu Jeff Wasserstoms „China in the 21st Century“ sind dort bereits erschienen.

Internationaler Aufruf
Die am 12. Mai 2023 abgehaltene Pressekonferenz in Taipeh markierte den 50. Tag seit Li Yanhes Festnahme. Mehr als 350 Vertreter aus Politik, Medien und dem Verlagswesen haben einen Solidaritätsbrief zur Unterstützung des Inhaftierten unterzeichnet. Die ehemalige Kultusministerin Cheng Li-chiun   und der ehemalige Direktor des Nationalen Palastmuseums Wu Mi-cha sowie die Vorsitzende von Radio Taiwan International, Cheryl Lai, gehören zu den Personen, die Peking auffordern, Lis Rechte gemäß dem chinesischen Recht zu gewährleisten.

Die Gruppe für freie Meinungsäußerung „PEN Amerika“ fordert China auf, Li unverzüglich freizulassen. Seine Inhaftierung sei ein Angriff auf die freie Meinungsäußerung und ein weiteres Beispiel für die Feindseligkeit der chinesischen Regierung gegenüber allen, die für den freien und offenen Austausch von Ideen eintreten.

Verleger sind ein häufiges Ziel
Die Verhaftung von Li hat dazu geführt, dass viele Beschäftigte im Verlagswesen und im kulturellen Bereich in Taiwan begonnen haben, sich gegenseitig vor Reisen nach China zu warnen. Die Regierung Pekings hat bereits in der Vergangenheit Buchverlage ins Visier genommen. Die Festnahme von Li Yanhe reiht sich in vergleichbare Vorfälle der vergangenen Jahre ein. So wurde der Buchhändler, Verleger und Autor Gui Minhai, der in Hongkong gearbeitet hatte und die schwedische Staatsbürgerschaft besitzt, verschleppt, weil seine Bücher dem chinesischen Regime missfielen. Gui Minhai wurde im Februar 2020 in China zu zehn Jahren Haft verurteilt.

Stand: Mai 2023

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