Liu Yanli

Die chinesische Bloggerin Liu Yanli wurde am 22. April 2020 zu vier Jahren Gefängnis verurteilt. Grundlage des Urteils sind ihre Social-Media-Posts, in denen sie unter anderem vergangene und aktuelle chinesische Führer kritisierte, Korruption und mangelnde Transparenz anprangerte und demokratische Reformen verlangte.
Bloggerin wegen Kritik zu vier Jahren Haft verurteilt
Die chinesische Bloggerin und Menschenrechtsaktivistin Liu Yanli, geboren am 1. Juni 1975, wurde am 22. April 2020 zu vier Jahren Gefängnis verurteilt. Im Urteil des Bezirksgerichts Dongbao in der Stadt Jingmen der chinesischen Provinz Hubei hieß es, sie habe sich des Verbrechens der „Provokation“ schuldig gemacht und „Streit geschürt“. Liu Yanli arbeitet als Bankangestellte und engagiert sich seit mehreren Jahren aktiv in der Menschenrechtsarbeit. In den chinesischen sozialen Netzwerken Qzone und WeChat sowie auf Weibo (das chinesische Äquivalent von ehemals Twitter, heute X), teilte sie größtenteils bereits veröffentlichte Artikeln aus dem In- und Ausland. Aktuell ist sie im Detention Center of Jingmen City in der Provinz Hubei inhaftiert.
Sie wurde nach Artikel 293 des Strafgesetzbuches der Volksrepublik China angeklagt, weil sie in ihren Social-Media-Posts „Streit gesucht“ hatte, indem sie vergangene und aktuelle chinesische Führer kritisierte, Korruption und mangelnde Transparenz anprangerte, Schutz für Militärveteranen forderte und demokratische Reformen verlangte. In seinem Urteil bezog sich das Gericht auf 28 Artikel und Social-Media-Postings von Liu Yanli, die angeblich „falsche Informationen über wichtige innenpolitische Ereignisse“ enthielten, „Führer der Kommunistischen Partei Chinas und des chinesischen Staates beleidigten und angriffen“, „böswillig gesellschaftliche Ereignisse sensationell aufbereiteten“ und „Störungen der öffentlichen Ordnung verursachten“.
Seit Jahren schikaniert
Liu Yanli wurde erstmals am 26. September 2016 verhaftet, acht Monate lang festgehalten und dann am 27. Mai 2017 gegen Kaution freigelassen. Sie nahm ihre kritischen Beiträge in den sozialen Medien wieder auf, was ihr am 25. Mai 2018 eine sechsmonatige „Wohnüberwachung“ einbrachte. Dies ist eine Form der geheimen Inhaftierung, die häufig gegen Aktivisten eingesetzt wird, bei der sie ohne Zugang zu Familie oder Anwalt festgehalten werden, manchmal monatelang.
Am 22. November 2018 wurde Liu erneut verhaftet und erneut wegen „Beleidigung und Angriff auf die Kommunistische Partei Chinas (KPCh)“ angeklagt und zu fünfzehn Monaten Haft verurteilt. In ihrer letzten Aussage vor dem Gericht am 22. April 2020 erklärte Liu, dass sie lediglich ihr Recht auf freie Meinungsäußerung zum Ausdruck gebracht habe, wie es Artikel 35 der chinesischen Verfassung vorschreibt. Dieses Recht, das von chinesischen Gerichten meist ignoriert wird, besagt: „Die Bürger der Volksrepublik China genießen Rede-, Presse-, Versammlungs-, Vereinigungs-, Prozessions- und Demonstrationsfreiheit“. „Ich bin nur ein gewöhnlicher Bürger, ich bin kein Parteimitglied. Ich benutze den gesunden Menschenverstand, um meine Meinung zu äußern, aber jetzt stehe ich vor einem Schuldspruch, ich denke nicht, dass dies mit dem Slogan der Partei ‚dem Volk dienen‘ übereinstimmt“, sagte sie dem Gericht. Liu hat gegen das Urteil Berufung eingelegt. Sie verbleibt im Jinmen City Detention Centre, bis das Berufungsverfahren abgeschlossen ist.
Verfolgung von Andersdenkenden in China
Formell steht die Weltmacht China zwar eigentlich unter der Macht des Volks, in der Realität wird das Land allerdings autoritär von der kommunistischen Partei Chinas (KPCh) beherrscht. Obwohl der Schutz der Menschenrechte seit 2004 in der chinesischen Verfassung integriert und gesichert ist, stehen Menschenrechtsverletzungen dort an der Tagesordnung. China folgt nicht der westlichen Auffassung von Menschenrechten, sondern seiner eigenen. Hierbei hat das Allgemeinwohl eine weitaus höhere Priorität als das Wohl des Einzelnen, weshalb beispielsweise der wirtschaftliche Erfolg wichtiger ist, als der Schutz der Rechte des Einzelnen. Auch wenn in den letzten Jahren einige Verbesserungen erzielt wurden, gibt es immer noch viele Probleme, wie beispielsweise Folter und die Todesstrafe, welche von der Regierung im Geheimen praktiziert werden.
Stand: März 2021