Amirhossein Khaleghi

Der iranische Wildtierexperte wurde am 20. November 2019 zu sechs Jahren Haft im Evin-Gefängnis in Teheran verurteilt. Dort saß er bereits seit Ende Januar 2018 in Einzelhaft und wurde unter Folter zu einem Geständnis gezwungen. Der Forscher nutzte Kameras zur Dokumentation von Wildkatzen, weswegen die Staatsanwaltschaft ihm Spionage von Militäranlagen vorwarf.
Tierschützer wegen „Spionage“ verurteilt
Der 1981 geborene Amirhossein Khaleghi ist ein bekannter Tierforscher der Islamischen Republik. Seit 2007 war er an zahlreichen nationalen und internationalen Projekten zum Schutz von Wildkatzen beteiligt. Ende Januar 2018 wurde er mit sieben weiteren Umweltaktivisten unter Vorwurf der Spionage von der Islamischen Revolutionsgarde festgenommen und im Evin-Gefängnis in Teheran in Einzelhaft gesperrt. Nach internationalen Protesten wurde die Anklage vom Islamischen Revolutionsgericht in „Korruption auf Erden“ umgewandelt. Unter diesem Vorwurf hätten die Angeklagten zu Tode verurteilt werden können. Am 12. November 2019 gab das islamische Revolutionsgericht in Teheran bekannt, dass Khaleghis Anklage in „Spionage von Militärzentren unter dem Mantel von Umweltschutz“ geändert wurde. Daraufhin wurde er am 20. November 2019 zu sechs Jahren Haft im Evin-Gefängnis verurteilt.
Prozess und Haftbedingungen
Khaleghi wurde anfangs in Einzelhaft gehalten, weswegen er ein halbes Jahr nach seiner Festnahme in den Hungerstreik trat, um gegen diese Haftbedingungen zu protestieren. Beim Gerichtsprozess, der im Januar 2019 begann, wurde dem Naturschützer und seinen Kollegen die freie Anwaltswahl verweigert. Der Prozess war zudem nicht der Öffentlichkeit zugänglich. Vor Gericht berichtete die Kollegin und Mitgefangene Niloufar Bayani von der Folter, die sie und ihre Kollegen erlitten, um Geständnisse zum Spionagevorwurf abzugeben. Ihnen wurde die Verhaftung ihrer Eltern angedroht, Gefängnisbesucher berichteten zudem von abgebrochenen Zähnen und dunklen Hämatomen. Die unter Folter abgegebenen „Geständnisse“ wurden später von den Naturschützern widerrufen.
Anlässlich des iranischen Neujahrsfestes Newroz im März 2021 erhielt Khaleghi einen dreitägigen Hafturlaub, musste jedoch nach Ablauf der Frist wieder ins Evin-Gefängnis zurückkehren.
Mit acht Kollegen inhaftiert
Khaleghi wurde gemeinsam mit Niloufar Bayani, Houman Jokar, Morad Tahbaz, Taher Ghadirian, Sepideh Kashani, Sam Radjabi und Abdolreza Kouhpayeh inhaftiert. Die Gefangenen arbeiteten gemeinsam bei der Persian Wildlife Heritage Foundation. Der neunte Wissenschaftler, Professor Kavous Seyed-Emami, starb zwei Wochen nach seiner Festnahme durch angeblichen Suizid. Die Naturschützer wurden alle zu Haftstrafen zwischen vier und zehn Jahren verurteilt. Das Team hatte Kameras genutzt, um die Verhaltensweisen der bedrohten asiatischen Geparden zu dokumentieren. Der Staatsanwalt Abbas Jafari Dolatabadi sah darin den Versuch, Militäranlagen auszuspionieren.
Regierung zweifelt an Beweislage
Im Mai 2018 untersuchten iranische Geheimdienstmitarbeitende, Innen- und Justizminister, sowie der juristische Stellvertreter des Präsidenten den Fall im Rahmen eines Regierungsausschusses. Sie berichteten, dass es keine ausreichende Beweislage für den Spionage-Vorwurf gebe und forderten daraufhin die Freilassung der Naturschützer.
Internationale Resonanz
Der Fall Khaleghis und seiner Kollegen stieß international auf große Unterstützung. Zahlreiche Umwelt- und Menschenrechtsorganisationen forderten ihre Freilassung. Javid Rahman, Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen im Bereich der Menschenrechte im Iran, äußerte seine Besorgnis über den Status iranischer Umweltaktivisten. Das Hochkommissariat der Vereinten Nationen rief dazu auf, alle Anklagepunkte fallen zu lassen. Auch der Schauspieler Leonardo DiCaprio äußerten sich unterstützend. In einem offenen Brief im Dezember 2018 bestätigten 300 internationale Umweltaktivisten, darunter die bekannte Verhaltensforscherin Jane Goodall, dass das Verhalten der Umwelt- und Wildtierexperten immer den höchsten ethischen Standards entsprochen hatte und alle Anklagepunkte umgehend aufgehoben werden sollten.