10 Jahre Genozid an Jesiden

Zehn Jahre nach dem Völkermord an den Jesiden ist deren Rückkehr in das Shingal-Gebiet weiterhin von Unsicherheit und Bedrohung geprägt. Insgesamt ist die Lage für Jesiden, Christen und andere Minderheiten in weiten Teilen des Iraks weiterhin gefährlich. Immer mehr IS-Kämpfer kehren in die Region Mossul zurück.
Völkermord an Jesiden jährt sich zum 10. Mal
IGFM: Rückkehr für Jesiden nach Shingal nicht sicher
Weiterhin schwierige Bedingungen für religiöse Minderheiten im Irak
Frankfurt am Main, 2. August 2024 – Zehn Jahre nach dem Völkermord an den Jesiden ist deren Rückkehr in das Shingal-Gebiet weiter von Unsicherheit und Bedrohung geprägt, berichtet die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM). Insgesamt ist die Lage für Jesiden, Christen und andere Minderheiten in Teilen des Iraks weiterhin gefährlich. Die IGFM ruft die internationale Gemeinschaft daher dringend auf, die Rückkehrbedingungen für die jesidische Gemeinschaft im Irak zu verbessern und deren Sicherheit zu gewährleisten. Auch weist die Menschenrechtsorganisation auf die schwierige Situation weiterer religiöser Minderheiten hin. So kehren immer mehr IS-Kämpfer in die Region Mossul zurück.
In der Nacht vom 3./4. August 2014 verübte die islamistische Terrororganisation Islamischer Staat (IS) im Shingal-Gebiet im Nordwesten des Irak einen gezielten Völkermord an der religiösen Minderheit der Jesiden. Tausende unbewaffnete Jesiden, aber auch in dieser Region lebende Christen und Schiiten wurden ermordet, Frauen und Mädchen verschleppt, vergewaltigt, versklavt und schließlich wie beliebige Beute als „Sklavinnen“ an Kämpfer des IS verkauft, verschenkt, verlost oder verheiratet.
Die Terrormiliz beendete auch fast 2.000 Jahre christliches Leben in der Niniveh-Ebene. Die christliche Bevölkerung von Mossul, der zweitgrößten Stadt im Irak, wurde vor die Wahl gestellt, entweder eine Kopfsteuer zu zahlen, zum Islam überzutreten oder hingerichtet zu werden. Viele flohen vor der Gewalt. Während vor der US-Invasion im Irak 1,5 Millionen Christen lebten, ist ihre Zahl heute auf schätzungsweise 150.000 gesunken. Trotz der militärischen Niederlage des IS hat der irakische Staat keine ausreichenden rechtlichen Maßnahmen ergriffen, um das Vertrauen der verfolgten Minderheiten zu gewinnen. Christliche und jesidische Gemeinschaften sind weiterhin nicht rechtlich gleichgestellt, und die Aufarbeitung der IS-Gräuel bleibt aus, kritisiert die IGFM.
Besonders besorgniserregend ist die Situation in Shingal, wo die Rückkehr der vertriebenen jesidischen Familien aufgrund mangelnder Sicherheit und Infrastruktur gefährlich ist. Trotz der Bemühungen des irakischen Ministeriums für Migration und Vertreibung sowie der Internationalen Organisation für Migration (IOM) sind die Bedingungen vor Ort katastrophal. Die Stadt Shingal ist seit dem Angriff im August 2014 weitestgehend zerstört. Rückkehrer klagen über fehlende Infrastruktur, Sicherheit und grundlegende Dienstleistungen. Die finanzielle Unterstützung von umgerechnet ca. 2.600 Euro durch die irakische Regierung und 1.200 US-Dollar für den Umzug von Seiten der IOM reicht nicht aus, um zerstörte Häuser wiederaufzubauen, berichtet die IGFM, die seit knapp zehn Jahren im Kontakt mit den Binnenvertriebenen steht.
Sicherheit in Shingal nicht gewährleistet
Zudem ist die Sicherheit der Rückkehrer nicht gewährleistet. Berichte über bewaffnete IS-Konvois in der Nähe von Shingal und die erneute Präsenz der Terrororganisation lösen Angst vor einer Wiederholung des Völkermordes von 2014 aus. Die IGFM betont, dass die Rückführung der vertriebenen jesidischen Familien angesichts der akuten Bedrohung durch IS-Schläferzellen, die türkische Luftwaffe und bewaffnete Milizen zu gefährlich ist. Die Doppelverwaltung der Region trage zusätzlich zum Chaos und zur Unsicherheit bei.
Die IGFM fordert die Vereinten Nationen, die Europäische Union, die irakische Zentralregierung und die Regierung der Region Kurdistan auf, das Gebiet zu sichern, den jesidischen Rückkehrern internationalen Schutz zu gewähren und den Wiederaufbau der Infrastruktur zu unterstützen. Nur durch umfassende Sicherheitsmaßnahmen und eine nachhaltige Unterstützung kann den Jesiden eine sichere Rückkehr und eine lebenswerte Zukunft ermöglicht werden.




