Menschenrechtslage im Iran

Die Islamische Republik Iran ist ein Unrechtsstaat und missachtet systematisch die Rechte ihrer Bürger. Angehörige ethnischer, religiöser und politischer Minderheiten sind im Iran vielfacher Diskriminierungen ausgesetzt. Die IGFM veröffentlicht hier regelmäßig Berichte und informiert über die Menschenrechtssituation im Iran.
Internationaler Tag gegen die Todesstrafe
Anlässlich des Internationalen Tages gegen die Todesstrafe versammelte sich ein breites Bündnis in Frankfurt am Main, um gegen die Verhängung von Todesurteilen jeglicher Art zu demonstrieren. Dazu haben am 10. Oktober Bürgermeisterin Nargess Eskandari-Grünberg und Stadtverordnetenvorsteherin Hilime Arslaner gemeinsam mit der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) und weiteren Menschenrechtsorganisationen gegen die Todesstrafe eine Mahnwache abgehalten. Die iranisch-stämmige Bürgermeisterin Frankfurts, Dr. Narges Eskandari-Grünberg, forderte ein härteres Vorgehen gegen die Todesstrafe und kritisierte die Verhängung und Vollstreckung von Todesurteilen im Iran.
Die bekannte Menschenrechtsanwältin und IGFM-Kuratoriumsmitglied Nasrin Sotoudeh spricht sich per Telefon gegen die Todesstrafe aus. In ihrer bewegenden Rede erinnert sie die Zuhörer auch an die vielen hingerichteten Demonstranten im Iran und an die Unterdrückung der Frauen durch das Regime der Islamischen Republik Iran. Nasrin dankte den Menschenrechtsorganisationen und Aktivisten für ihre Unterstützung der Bewegung „Frau – Leben – Freiheit“ im vergangenen Jahr und betonte, dass die Bewegung weiter gehe und noch nicht zu Ende sei.
Die IGFM weist anlässlich des Welttages gegen die Todesstrafe darauf hin, dass die Islamische Republik Iran in den ersten sechs Monaten dieses Jahres mindestens 354 Menschen hingerichtet hat, darunter sieben Demonstranten und zwei Doppelstaatler. Darüber hinaus droht derzeit dem Deutsch-Iraner Jamshid Sharmahd (seit 2020 in Einzelhaft) und dem iranisch-schwedischen Staatsbürger Dr. Ahmadreza Jalali (seit 2016 in Haft) die Todesstrafe.
Patenschaftsprogramm der IGFM
Während der Bewegung „Frau – Leben – Freiheit“ wurden zahlreiche Demonstranten als „Mohareb“ oder „Korrupte auf Erden“ angeklagt. Auf diese Anschuldigungen steht im Iran die Todesstrafe. Die IGFM hat sich im Rahmen ihres Patenschaftsprogramms für mehrere politische Gefangene eingesetzt, darunter auch für solche, denen die Todesstrafe droht.
Martin Häusling, Mitglied des Europäischen Parlaments, hat die Patenschaft für Milad Zohrevand übernommen. Milad wurde willkürlich zum Tode verurteilt. Der Landtagsabgeordnete Manuel Hagel (CDU) hat die Patenschaft für Behrouz Salahshour übernommen. Auch ihm droht die Todesstrafe. Christoph Eilers, MdL, setzt sich für Vahid Abbasi ein. Vahid wurde wegen „Korruption auf Erden“ angeklagt und ihm droht die Todesstrafe. Maryam Blumenthal, Landtagsabgeordnete Hamburg und Parteivorsitzende Grüne Hamburg, setzte sich für den 23-jährigen Demonstranten Mahan Sadrat ein.
Todesurteil gegen Demonstranten in der Provinz Kermanshah
Reza Rasaei, einer der Inhaftierten der landesweiten Proteste von 2022, wurde vom Gericht der Provinz Kermanshah wegen „vorsätzlichen Mordes“ an Nader Beirami, dem Geheimdienstchef der Revolutionsgarden der Stadt Sahneh, zum Tode verurteilt. Das Urteil wurde den Anwälten von Reza am 07. Oktober zugestellt. Er wurde im November 2022 in Shahryar, Teheran, verhaftet und in die Stadt Sahneh überstellt.
Druck auf die Friedensnobelpreisträgerin Narges Mohammadi
Der Anwalt von Narges Mohammadi, Mostafa Nili, teilte am 14. Oktober mit, dass die Verlegung von Narges Mohammadi in ein Krankenhaus wegen ihrer Weigerung, den obligatorischen Hijab zu tragen, abgesagt worden sei. Dem Anwalt zufolge sollte sie zur Untersuchung durch einen Kardiologen und für ein Echokardiogramm ins Krankenhaus gebracht werden. Rechtsanwalt Nili hatte bereits am 10. Oktober mitgeteilt, dass die Gefängnisleitung des Evin-Gefängnisses ihn daran gehindert habe, seine Mandantin zu treffen, weil diese sich weigere, den obligatorischen Hijab zu tragen.
Narges, eine der bekanntesten politischen Gefangenen im Iran, erhielt am 6. Oktober den Friedensnobelpreis für ihre entscheidende Rolle im Kampf gegen die Unterdrückung der Frauen im Iran sowie für ihren Kampf für Menschenrechte und Freiheit. Bereits 2018 hatte die Bundestagsabgeordnete Dr. Katja Leikert die politische Patenschaft für Narges übernommen und auf ihren Fall und ihren Mut aufmerksam gemacht.
16-jährige Schülerin Armita Grawand noch im Koma
Die im Evin-Gefängnis inhaftierte politische Aktivistin Faezeh Hashemi hat einen Brief an Revolutionsführer Ali Chamenei geschrieben, in dem sie auf den Vorfall mit Armita Grawand hinweist. Die Schülerin liegt seit dem 1. Oktober im Koma, nachdem sie in der U-Bahn in Teheran von Hijab-Wächtern angegriffen wurde. Faezeh Hashemi, eine ehemalige Parlamentsabgeordnete, fragte Chamenei in ihrem Brief, wie viele Menschen wie Mahsa, Armita, Neda und Navid noch geopfert werden müssen und wie lange diese Zerstörung noch andauern solle, bis die Verschlechterung der Situation sichtbar werde. „Wenn Sie kein Mitgefühl für die Menschen und den Iran haben, dann sorgen Sie sich wenigstens um Ihre Position“, schrieb sie. Faezeh ist die Tochter des ehemaligen Präsidenten Hashemi Rafsanjani. Sie wurde unter dem Vorwurf verhaftet, die Demonstranten der Proteste von 2022 zu Straßenprotesten angestiftet zu haben.
Berichten zufolge hat sich der Gesundheitszustand von Armita Garawand, die immer noch im Koma im Fajr-Krankenhaus liegt, in den letzten Tagen etwas verschlechtert.
Es wird berichtet, dass Armita in der U-Bahn von Sittenwächtern angegriffen und geschubst wurde, weil sie ihr Kopftuch nicht trug. Wie immer versucht das Regime, die Wahrheit zu vertuschen und bestreiten jegliche verbale oder physische Konfrontation zwischen den Sittenwächtern der Metro und Armita. Maryam Lotfi, eine Journalistin der Zeitung „Shargh“, die im Krankenhaus war, um über den Fall zu berichten, wurde am 2. Oktober für einige Stunden festgenommen. Armitas Familie wurde unter Druck gesetzt, ein Geständnis gegenüber den Medien abzulegen.
Vorladung und Haftstrafe für Rechtsanwälte/ Anwalt der Familie von Mahsa Amini zu Haftstrafe verurteilt
Saleh Nikbakht, der Rechtsanwalt, der die Familie von Mahsa Amini vertritt, wurde vom Teheraner Revolutionsgericht wegen des Vorwurfs von Propagandaaktivitäten gegen das Regime zu einem Jahr Haft und einem zweijährigen Verbot von Aktivitäten in sozialen Medien verurteilt. Das Urteil wurde Ali Rezaei, dem Anwalt von Nikbakht, mitgeteilt.
Auf Antrag des Geheimdienstministeriums der Islamischen Republik wurde Saleh Nikbakht im März 2023 in die zweite Ermittlungsabteilung der im Evin Gefängnis ansässigen Staatsanwaltschaft vorgeladen und der „Propaganda gegen das Regime“ beschuldigt. Bis zur Gerichtsverhandlung wurde er vorläufig freigelassen. Der Rechtsanwalt wurde am 30.08.2023 vor Gericht gestellt, weil er in- und ausländischen Medien Interviews gegeben und gegen das Gutachten der gerichtsmedizinischen Kommission zum Tod Jina Mahsa Amini protestiert hatte.
Mohsen Borhani, Universitätsprofessor für Rechtswissenschaften und Rechtsanwalt, kündigte über Instagram an, dass Anklage gegen ihn erhoben werde. Der entlassene Professor hatte während der Proteste von 2022, der Verhaftung von Demonstranten und der Verurteilung von Demonstranten wiederholt gegen die rechtlichen und juristischen Mängel der gefällten Urteile protestiert. Er hat auch wiederholt das Hijab-Gesetz in Frage gestellt. Nun steht er wegen „Veröffentlichung von Lügen und Störung der öffentlichen Meinung“ vor Gericht.
Der bekannte Rechtsanwalt Arash Keykhosravi wurde am 25. September 2023 erneut von der Staatsanwaltschaft vorgeladen und verhaftet. Laut Aussage des Anwalts Mostafa Nili muss er wegen ,,Propagandaaktivitäten gegen das System“ eine einjährige Haftstrafe verbüßen. Seine Schwester berichtet, dass der Grund für die Verurteilung in der von Arash und anderen Anwälten unterzeichneten Erklärung mit dem Titel „Die absolute Mehrheit des iranischen Volkes will das System der islamischen Republik nicht mehr!“ liege. 40 Anwälte unterzeichneten die Erklärung, die zu Beginn der landesweiten Proteste 2022 nach dem Tod Jina Mahsa Aminis veröffentlicht wurde.
Amirhossein Koohkan, der Rechtsanwalt von Mashallah Karami, Vater eines hingerichteten friedlichen Demonstranten, wurde am 22. August 2023 von Sicherheitskräften in der Provinz Alborz willkürlich festgenommen, nachdem er vom Geheimdienstministerium vorgeladen worden war. Amir Hossein Kohkan sitzt seither unter unbekannten Umständen in Untersuchungshaft. Darüber hinaus befindet sich sein Mandant Mashallah Karami seit 50 Tagen in Einzelhaft. Ihm wurde das Besuchsrecht verweigert.
Der Rechtsanwalt Mohammadreza Faghihi wurde vor das Revolutionsgericht in Teheran geladen, um sich wegen „Versammlung, Verschwörung und Störung der öffentlichen Ordnung“ zu verteidigen.
Der Anwalt Sina Yousefi wurde ebenfalls vor Gericht geladen. Laut Mitteilung des Strafgerichts in Isfahan muss sich Yousefi am 22. Oktober gegen den Vorwurf der „Verbreitung von Lügen im Internet und Propaganda gegen das Regime“ verteidigen.
Am 8. Oktober fand vor dem Revolutionsgericht in Shiraz die Verhandlung über die Anklage gegen den Rechtsanwalt Hadi Sharifzadeh statt. Dieser verteidigte sich gegen die Anklage „Propaganda gegen die Islamische Republik Iran und Veröffentlichung von Lügen im Internet“.
Die Repressionen gegen Anwälte im Iran ist kein neues Phänomen und zeigt die Anspannung des Mullah-Regimes. Es versucht, juristische Konfrontation durch willkürliche Verhaftungen und Anklagen zu unterbinden. Amirsalar Davoudi, einer der renommiertesten Anwälte des Landes, der zahlreiche politische Gefangene (darunter auch Bahá’í) vor Gericht verteidigt hat, wurde am 26. Juni 2022 erneut verhaftet und zu 15 Jahren Haft verurteilt.
Aktualisierung: Rechtsanwalt Amirhossein Koohkan wurde am 15. Dezember vorläufig freigelassen.
Systematische Verfolgung von Bahá’í
Vier Bahá’í wurden wegen „Mitgliedschaft in illegalen Gruppen und Organisationen mit dem Ziel, die Sicherheit des Landes zu stören“ zu insgesamt zwölf Jahren Haft verurteilt. Shadi Shahidzadeh und Mansour Amini wurden von der Abteilung 36 des Berufungsgerichts der Provinz Teheran zu fünf bzw. drei Jahren Haft verurteilt. Ataallah Zafar und Waliallah Ghadmian müssen je zwei Jahre ins Gefängnis
Shahdokht Khanjani, eine in Semnan lebende Baha’i, wurde nach Ablehnung ihres Berufungsantrags zu 16 Jahren Haft verurteilt – zehn Jahre wegen „Bildung einer Gruppe mit der Absicht, die Sicherheit zu stören“, fünf Jahre wegen „Werbung für die Baha’i-Religion“ und ein Jahr wegen „Propaganda gegen das Regime“. Sie wurde am 22. Mai in ihrer Wohnung in Semnan verhaftet und nach zehn Tagen gegen Kaution freigelassen.
Das Urteil von zehn Jahren und neun Monaten Haft gegen die Baha’i Sanaz Tafzali, die im Vakil Abad Gefängnis in Mashhad inhaftiert ist, wurde im Berufungsverfahren bestätigt. Das Berufungsverfahren fand in Abwesenheit von Sanaz und ihren Anwälten statt. Die hohe Strafe von sechs Jahren und sechs Monaten Haft wegen „Bildung einer Gruppe mit dem Ziel der Störung der inneren Sicherheit“ ist vollstreckbar. Sanaz wurde am 22. November 2022 von Sicherheitskräften festgenommen.