IS-Prozess in Frankfurt am Main

Ein Vorbild für ein Kriegsverbrechertribunal: Das Rote-Khmer-Tribunal in Kambodscha (Extraordinary Chambers in the Courts of CambodiaECCC‘. Foto: Julian Nyča, CC BY-SA 4.0, httpscommons.wikimedia.orgwindex.phpcurid=20393874

Gerechtigkeit für jesidische Opfer nur durch IS-Tribunal

Frankfurt am Main, 11. August 2020 – Am heutigen 19. Verhandlungstag gegen den Iraker Taha Al-J, wurde die jesidische Hauptzeugin Nora B. zum letzten Mal vor Gericht vernommen. Sie war im Jahr 2015 zusammen mit ihrer Tochter von der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) an den Angeklagten als Sklavin verkauft worden. Der Angeklagte ließ die damals 5-jährige Tochter vor den Augen ihrer Mutter angekettet qualvoll verdursten.

Der am Oberlandesgericht Frankfurt am Main verhandelte Fall offenbart die Brutalität der IS-Gewaltherrschaft und stellt eine erhebliche psychische Belastung für das Opfer dar. Die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) mahnt daher an, dass das jesidische Volk nur in einem IS-Kriegsverbrechertribunal Gerechtigkeit erfahren könne.

Die Zeugin Nora B. sagte am Ende der Verhandlung, sie fordere „ihre Rechte, die Rechte ihrer Tochter und die Rechte der jesidischen Gemeinschaft“ ein. Die IGFM erneuert die Forderung zur Errichtung eines IS-Tribunals, das die Kämpfer der Terrormiliz zur Rechenschaft zieht. Zusätzlich zur Verurteilung internationaler Straftaten werden in einem solchen Tribunal die Schicksale der IS-Opfer dokumentiert, aufgearbeitet und in den Gesamtkontext eingeordnet. „Die Jesiden, insbesondere die verschleppten und vergewaltigten Frauen und Mädchen, werden nur durch ein IS-Tribunal Aufarbeitung und Gerechtigkeit erfahren“, mahnt Khalil Al-Rasho an, Leiter der Humanitären Hilfe Nahost der IGFM.

Hintergründe und Details zum Prozess:

Der Fokus der noch laufenden gerichtlichen Verhandlung am OLG Frankfurt am Main liegt auf der Beweisführung und der rechtlichen Bewertung der dem Angeklagten vorgeworfenen Straftaten. Die Hauptzeugin Nora B. wurde dafür über mehrere Verhandlungstage intensiv von der Strafverteidigung befragt, berichtet die IGFM, die den Prozess kontinuierlich begleitet. Auch wurde die Zuverlässigkeit und Stichhaltigkeit ihrer Aussagen in Frage gestellt – eine legitime Strategie der Verteidigung, die jedoch eine erhebliche psychische Belastung für das Opfer darstellt.

Zu welchem Preis findet der Prozess statt: Neue Traumatisierung oder Gerechtigkeit?

Die IGFM betont, dass ein Prozess dieser Art nicht zu einer erneuten Traumatisierung der Opfer führen darf. Für die traumatisierte Mutter, die jahrelang als Haussklavin in IS-Gefangenschaft lebte und physischer Gewalt sowie sexuellem Missbrauch ausgesetzt war, besteht die Gefahr, dass Schuldgefühle erneut auslöst werden können. So wurde Nora B. von der Strafverteidigung gefragt, warum sie sich nicht für die Rettung ihrer Tochter eingesetzt habe und damit auch die eigene körperliche Unversehrtheit riskiert hätte. Im Rahmen einer Bestrafung soll der Angeklagte die Tochter in der gleißenden Sonne an ein Fenster gekettet und dort vor den Augen der Mutter qualvoll verdurstet haben lassen.

Die IGFM begleitet das Verfahren intensiv

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