Dr. Ali Tabandeh

Foto: 30birdsmirror [Quelle: Wikimedia Commons] CC-BY-SA 

Auf einen Blick

Der iranische Rechtswissenschaftler und das religiöse Oberhaupt des Gonabadi-Sufi-Ordens Dr. Hadsch Nour Ali Tabandeh wurde im Februar 2018 in Folge von Demonstrationen gegen die Verfolgung, Diskriminierung und Verhaftung von Sufis unter Hausarrest gestellt. Schiitische Kleriker im ganzen Iran halten ihm vor, seine Ordensanhänger nicht von Protesten abgehalten zu haben, in deren Zusammenhang drei Polizisten von einem Bus überfahren wurden. Tabandeh habe sich für jene Todesfälle zu verantworten. Schwer krank, verstarb Dr. Hadsch Nour Ali Tabandeh am 24. Dezember 2019 an den Folgen der Folter im Hausarrest.

Zur Person und Arbeit

Dr. Hadsch Nour Ali Tabandeh wurde am 14. Oktober 1927 im iranischen Bidokht geboren. Der Witwer hatte zwei Söhne, von denen einer ebenfalls verstorben ist. Tabandeh war Islam- und promovierter Rechtswissenschaftler. 1959 begann er seine berufliche Karriere im iranischen Außenministerium, von dem er ins Ministerium für Justiz versetzt wurde. 1976 verließ er die Behörde und ließ sich als Rechtsanwalt nieder. Nach dem Sturz des Schahs im Jahr 1979 fungierte er als stellvertretender Direktor des Justizministeriums – diesen Posten gab er im Herbst 1980 auf. Tabandeh war seit 1996 bis zu seinem Tod das religiöse Oberhaupt des Gonabadi-Sufi-Ordens mit weltweit rund fünf Millionen Anhängern. Sufismus ist ein Sammelbegriff für Strömungen im Islam, die eine spirituelle Orientierung und zum Teil asketische Tendenzen aufweisen. Die iranischen Gonabadi-Sufis werden von der iranischen Regierung diskriminiert, obwohl sie schiitische Muslime sind. Die Gonabadi-Sufis lehnen ein zentrales Dogma des Islamischen Republik Iran ab: Das Konzept der „Wilayat al-Faqih“, der weltlichen Herrschaft islamischer Geistlicher.

Haft für Petition gegen die Herrschaft der islamischen Geistlichen

Tabandeh unterhielt Kontakt zur iranischen Demokratiebewegung, die sich für eine Reform der Verfassung entlang säkularer Freiheiten wie die der Meinungs-, Gedanken- und Glaubensfreiheit einsetzt. In diesem Kontext unterschrieb er 1990 eine Petition an den damaligen Staatspräsidenten Ali Akbar Rafsandschani, die sich gegen die herrschende Ordnung der Islamischen Republik richtete. In Folge dessen wurde er unter dem Vorwurf der „Gegnerschaft gegenüber der theokratischen Herrschaft des Obersten Führers“ zu zwei Jahren Haft verurteilt und nach acht Monaten freigelassen.

Hausarrest nach Protesten von Sufis

Angriffe gegen Tabandeh und seine religiösen Anhänger begannen schon 1981, als der Hauptversammlungsort der Sufis in Teheran niedergebrannt wurde. Zwischen 2009 und 2013 sind im Iran mehrere Gebetshäuser der Sufis zerstört worden. Die staatliche Verfolgung von Sufis hat seither deutlich zugenommen.
Im Februar 2018 haben Tausende gegen Diskriminierung, Übergriffe und die Inhaftierung von Sufis in Teheran protestiert. Die Führung der Islamischen Republik ging gewaltsam gegen die Proteste vor und ließ rund 300 Sufis verhaften und foltern. Tabandeh stand seither unter Hausarrest. Ihm wurde jeglicher Zugang zu medizinischer Hilfe, Kontakt zu den Mitgliedern des Ordens sowie zur Außenwelt verwehrt.

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