Überfüllung und verheerende Zustände

Abbildung des Quarchak-Gefängnisses und Frontseite des Berichts der Abdorrahman Boroumand Center (ABC) for Human Rights in Iran

Mangelnde Hygienemöglichkeiten und kein Zugang zu medizinischer Versorgung führt zur Ausbreitung von COVID-19 in iranischen Haftanstalten. Eine Situationsanalyse offenbart den Ernst der Lage. Die ohnehin schon miserablen Zustände für die Gefangenen verschlechtern sich weiter. Bild: Qarchak Prison, Iran HRM; Report, Abdorrahman Boroumand Center; Generalstaatsanwalt Mohammad Jafar Montazeri spricht zu Inhaftierten, FARS

„Der Tod politischer Gefangener wegen Covid-19 kommt dem Regime gelegen“

IGFM kritisiert Überfüllung und verheerende hygienische Zustände in iranischen Gefängnissen

Frankfurt/M./Teheran/Washington DC, 17. September 2020 – Zahlreiche Briefe und Berichte, die bei der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) aus dem Iran eingehen, weisen auf die schlimmen Zustände in iranischen Gefängnissen während der Pandemie hin. Eine Situationsanalyse des in Washington ansässigen Abdorrahman Boroumand Center (ABC) for Human Rights in Iran zeigt im Detail auf, wie ernst die Lage ist. „Der Tod politischer Gefangener wegen Covid-19 kommt dem Regime gelegen“, so die IGFM.

Der starke Anstieg der Ansteckungen mit COVID-19 ist auf das Scheitern der Gefängnisleitungen zurückzuführen, Isolation und Präventivmaßnahmen in den Gefängnissen ausreichend umzusetzen, so die IGFM. In einem Brief vom 7. September 2020 schreibt die politische Gefangene Golrokh Ebrahimi Iraee, dass Gefangene im Qarchak-Gefängnis keine Möglichkeit haben, sich selbst vor einer Ansteckung mit dem Virus zu schützen. Im Evin-Gefängnis haben die Gefangenen seit Ausbruch des Virus lediglich zwei Masken und zwei Paar Handschuhe erhalten. In Briefen aus dem Zanjan-Gefängnis schreibt die Menschenrechtsaktivistin Narges Mohammadi, dass sie und zwölf weitere Gefangene Ende Juni 2020 COVID-19-Symptome gezeigt haben. Medizinische Versorgung wurden ihnen erst nach der Veröffentlichung ihrer Briefe gewährleistet.

Politische Gefangene protestieren mit Hungerstreik

Neben Sacharow-Preisträgerin Nasrin Sotoudeh, die seit dem 11. August 2020 im Evin-Gefängnis Hunger streikt, sind auch Mojgan Kavousi und Sakineh Parvaneh in den Hungerstreik getreten, um auf die katastrophalen Zustände in den Gefängnissen aufmerksam zu machen und die Freilassung politischer Gefangener durchzusetzen. Auch Rezvaneh Ahmad Khan Beigi hat ihren Hungerstreik aus Solidarität mit Nasrin Sotoudeh und allen anderen politischen Gefangenen wieder aufgenommen, wie die IGFM erfahren hat.

„Nur Gefangene in schlimmster Verfassung werden in externe Krankenhäuser transportiert.“

Wie das ABC berichtet, ist zum Beispiel Gebäude Eins des Fashafuye-Gefängnisses bis zum Dreifachen seiner Kapazität überfüllt. Diese Überbelegung macht Sicherheitsabstände unmöglich. In Gebäude Fünf desselben Gefängnisses ist Seife für die Insassen verfügbar, allerdings werden die Abteilungen nicht desinfiziert und keine Desinfektionsprodukte an die Gefangenen verteilt. Das Gebäude wurde erst einmal desinfiziert – während eines Besuchs des Gesundheitsministers. Obwohl die Leiter einiger Gefängnisse zusätzliche Ressourcen beantragt haben, um vorbeugende Maßnahmen und medizinische Versorgung für die Gefangenen sicherzustellen, ist das Regime diesen Forderungen nicht nachgekommen.

Die IGFM fordert die Freilassung der politischen Gefangenen sowie die Gewährleistung medizinischer Versorgung in iranischen Gefängnissen. Ohne die Freilassung nicht-rechtmäßig inhaftierter Häftlinge sind die Empfehlungen der WHO zu Präventivmaßnahmen in den Gefängnissen kaum einzuhalten. Die iranische Regierung muss endlich die Pandemie in Ihrer Schwere anerkennen und den Gefängnissen medizinische Versorgung und Schutzmaßnahmen ermöglichen, um so Ihre Bürger und Bürgerinnen in- und außerhalb der Gefängnisse so gut wie möglich zu schützen.

Zum vollständigen Report des Abdorrahman Boroumand Center (ABC) for Human Rights in Iran (externer Link)

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