Narges Mohammadi

Narges Mohammadi, die sich seit Juli 2020 in Haft befindet, wurde im Dezember 2023 in ihrer Abwesenheit erneut zu 15 Monaten Haft verurteilt. Sie nahm weder an den Verhören, noch an der Verhandlung teil. Dies ist ihre fünfte Verurteilung innerhalb von zwei Jahren. Sie war bereits am 23. Januar 2022 zu einer achtjährigen Haftstrafe und 74 Peitschenhieben verurteilt worden, nachdem sie erst am 8. Oktober 2020 aus dem Zanjan-Gefängnis entlassen worden war.

Erneut zu 15 Monaten Haft verurteilt

Die Autorin Narges Mohammadi ist eine der bekanntesten Frauen- und Menschenrechtsaktivistinnen des Iran.

Am 23. Januar 2022 wurde sie zu einer achtjährigen Haftstrafe und 74 Peitschenhieben verurteilt, nachdem sie im Oktober 2021 von den Sicherheitskräften in Karaj während einer Gedenkzeremonie für Ebrahim Ketabdar, eines der Opfer der November 2019- Proteste festgenommen wurde. Mohammadis Ehemann Taghi Rahmani zufolge dauerte die Gerichtsverhandlung nur fünf Minuten. Weiterhin soll der Grund für die Verurteilung ihre ,,Aktivitäten nach ihrer Freilassung“ gewesen sein. Narges wurde während ihrer Haft am 11. September 2023 von einem Gefängniswärter geschlagen, weil sie keinen Hijab trug.

Nun verurteilte das Revolutionsgericht Narges Mohammadi zu weiteren 15 Monaten Haft „wegen ihrer Aktivitäten innerhalb des Gefängnisses“. In diesem neuen Fall wird Narges beschuldigt, Propaganda gegen die Islamische Republik betrieben zu haben. Der Prozess fand im Dezember 2023 statt. Sie nahm weder an den Verhören noch an der Verhandlung teil und wurde in Abwesenheit verurteilt.

Dies ist die fünfte Verurteilung von Narges innerhalb von zwei Jahren und die dritte Verurteilung wegen ihrer Aktivitäten im Gefängnis.

Urteile während der Haft

Bereits am 19. Mai 2021 war sie wegen eines Sitzstreiks im Gefängnis, im November 2019, im Gefängnis zu 80 Peitschenhieben und zweieinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Während ihrer Inhaftierung hat Mohammadi regelmäßig über die Misshandlungen und die miserablen Zustände in iranischen Gefängnissen berichtet. Im Januar 2022 verhängte man acht Jahre Haft und 74 Peitschenhiebe. Zusätzlich äußerte sie sich und unterstütze das Demonstrationsrecht der Bevölkerung, sodass das Islamische Revolutionsgericht am 9. Oktober 2022 weitere 15 Monate Haft gegen Narges verhängte.

Vorherige Gefangenschaften

Narges Mohammadi wurde im Jahr 2009 zum ersten Mal verhaftet und im Oktober 2011 zu elf Jahren Haft verurteilt. Das Urteil wurde von der Abteilung 26 des Revolutionsgerichts in Teheran unter Vorsitz des für harte Urteile bekannten Richters Pirabbas gesprochen. Die Strafe für Narges Mohammadi bestand aus zweimal fünf Jahren Haft wegen „Versammlung und Durchführung von Verbrechen gegen die nationale Sicherheit“ sowie einem Jahr wegen „Verbreitung von Propaganda gegen das System”. Im anschließenden Berufungsverfahren 2012 wurde die Strafe auf sechs Jahre reduziert. Ihre erste Haftstrafe hat die Menschenrechtsverteidigerin im Teheraner Evin- und im Zanjan-Gefängnis abgesessen.

Durch die unmenschlichen Haftbedingungen, die Misshandlungen und die Folter verschlechterte sich ihr Gesundheitszustand so stark, dass sie 2013 gegen Kaution von ca. 200.000 Dollar in ein Krankenhaus überführt wurde. Bevor ihre Behandlung aber abgeschlossen werden konnte, verhafteten die Behörden sie im Mai 2015 erneut, weil sie sich weiterhin zum Thema Gleichberechtigung geäußert hatte. Ein weiterer Grund für ihre Festnahme war ihr Gespräch mit der ehemaligen hohen Vertreterin der EU für Außen- und Sicherheitspolitik Catherine Ashton in Teheran im März 2014, bei dem sie menschenrechtliche Themen in der Islamischen Republik Iran diskutiert hatten.

Narges Mohammadi sollte ursprünglich am 3. Mai 2015 erneut vor Gericht erscheinen. Nach einigen verschobenen Verhandlungsterminen erlitt sie aber am 7. Oktober 2015 einen Schlaganfall, weshalb sich das Verfahren weiter verzögerte. Die Frauenrechtlerin wurde schließlich im Mai 2016 zu zehn Jahren Haft wegen „Mitgliedschaft in Step by Step to Stop Death Penalty”, zu fünf Jahren wegen „Versammlung gegen die nationale Sicherheit” sowie einem Jahr wegen „Propaganda gegen den Staat” verurteilt. Nach iranischem Recht muss bei einer Verurteilung zu mehreren Haftstrafen nur die höchste verbüßt werden, so dass sich Mohammadis Strafe effektiv auf zehn Jahre Gefängnis belief.

Die notwendige medizinische Behandlung sowie der Kontakt zu ihren Kindern wurde ihr weitestgehend verweigert. Über eine Verlegung vom Evin-Gefängnis ins Gefängnis von Zanjan am 24. Dezember 2019 hatte Mohammadi in einem Brief berichtet und darin dargelegt, dass sie misshandelt wurde. Grund für den Transfer war eine Gedenkaktion im Gefängnis für die Opfer der zivilen Proteste im November 2019 im Iran. Im Juli 2020 hatte sich Mohammadi im Gefängnis mit Covid-19 infiziert.

Verletzung der Hijab-Pflicht

Der Anwalt von Narges, Mostafa Nili, teilte am 14. Oktober 2023 mit, dass seine Mandantin nicht mehr in ein Krankenhaus verlegt werden würde, da sie sich weigere den obligatorischen Hijab zu tragen. Mostafa Nili zufolge sollte Narges ursprünglich zur Untersuchung durch eine Kardiologen und für ein Echokardiogramm ins Krankenhaus gebracht werden. Bereits zuvor wurde das Nicht-Tragen des Hijabs von Narges durch verschärfte Einschränkungen bestraft. Am 10. Oktober 2023 hinderte die Gefängnisleitung Mostafa Nili Narges zu treffen, da diese kein Hijab tragen wollte.

Zur Person

Narges Mohammadi (geboren am 21. April 1972) ist Mutter von zwei Kindern, Kiana und Ali, geboren 2006. Die Kinder leben heute mit Narges Mohammadis Ehemann, Taghi Rahmani, in Frankreich. Der Journalist Rahmani verbrachte selbst 15 Jahre in iranischen Gefängnissen – u.a. im für Folter berüchtigten Evin-Gefängnis in Teheran.

Im November 2009 wurde die preisgekrönte Menschenrechtsaktivistin Narges Mohammadi gezwungen, eine Anstellung in der „Iranian Engineering Inspection Company“ aufzugeben. Grund dafür war ihre Mitarbeit im Teheraner Zentrum für Menschenrechtsverteidiger. Narges Mohammadi ist bzw. war – wie auch die Friedensnobelpreisträgerin Dr. Shirin Ebadi, der inhaftierte Anwalt Abdolfattah Soltani und der verurteilte Anwalt Mohammad Ali Dadkhah – Vorstandsmitglied des Zentrums für Menschenrechtsverteidiger (Defenders of Human Rights Center).

Aufruf zum Boykott der Wahlen

Als eine von vielen Reformern und politische Gefangenen rief auch Narges Mohammadi zum Boykott der Parlamentswahl und der Wahl des Expertenrates am ersten März 2024 auf. Sie betrachtet den Boykott der vom autoritären Regime angeordneten Wahlen nicht nur aus politischer, sondern auch aus moralischer Sicht als Pflicht der Freiheitssuchenden und Gerechtigkeitssuchende des Iran.

Auszeichnungen

Wegen ihres Kampfes für Menschenrechte und für die Freiheit der Frau wurde Mohammadi mehrmals ausgezeichnet, zuletzt 2023 für den schwedischen Olof-Palme-Preis. Im November 2011 wurde Narges Mohammadi von der schwedischen Regierung mit dem „Per Anger“-Preis ausgezeichnet. Der Preis wird jährlich an Personen verliehen, die sich besonders für Demokratie und Menschenrechte einsetzen. Am Tag der Menschenrechte 2016 erhielt sie den Menschenrechtspreis der Stadt Weimar. Sie wird aufgrund ihres Engagements im Oktober 2023 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. Dieser gilt als wichtigster politischer Preis der Erde und ist mit 950.000 Euro dotiert.

Stand: März 2024

So können Sie Narges helfen:

Post an politische Gefangene ist oft ein wirksamer Schutz gegen Misshandlungen, denn die Post zeigt dem Gefängnispersonal und den Behörden, dass ein Gefangener im Ausland bekannt ist. Den Politischen Gefangenen hilft das Wissen, in der Welt nicht vergessen zu sein. Deshalb: Schreiben Sie aufmunternde Worte direkt an Narges Mohammadi ins Qarchak-Gefängnis.

Porto: Brief International bis 20 g aus Deutschland: 1,10 Euro.

To Ms. Narges Mohammadi
Shahr-e Rey Prison
Tehran-Varamin Highway, Gharchak
Islamic Republic of Iran

Bitte schreiben Sie an den iranischen Justizchef in Teheran, Gholamhossein Mohseni-Ejei und an die Botschaften des Iran. Fordern Sie die sofortige und bedingungslose Freilassung der Gefangenen:

Chief Justice Gholamhossein Mohseni-Ejei
The judiciary
Valiasr Avenue, Pastor Avenue, In front of Jami police station
Tehran
Islamische Republik Iran
Fax: +98 21 66963705
Instagram: ejeii_org

Iranische Botschaft in Deutschland
Botschaft der Islamischen Republik Iran
Podbielskiallee 65-67
14195 Berlin
Tel. 0049-(0)30-84353399 und 0049-(0)30-843530
Fax: 0049-(0)30-8435 3535
E-Mail: info@iranbotschaft.de

Hier finden Sie weitere Appell-Adressen für den Iran

Wie schreibe ich einen Appell?

Sehr geehrter Herr Botschafter,

mit diesem Schreiben bringe ich meine Besorgnis über die mir vorliegenden Berichte zur Verhaftung der Menschenrechtsaktivistin Narges Mohammadi zum Ausdruck.

Sie wurde nach der Teilnahme an einer Gedenkfeier im November 2021 gewaltsam verhaftet und aufgrund „Versammlung und geheimer Absprachen gegen nationale Sicherheit“ und „Störung der öffentlichen Ordnung“ angeklagt. Im ersten Gerichtsurteil wurde Narges Mohammadi zu achtjähriger Haftstrafe und 74 Peitschenhieben verurteilt. Für ihre Äußerungen und Unterstützung des Demonstrationsrecht der Bevölkerung während ihrer Haft, verhängte das Islamische Revolutionsgericht am 9. Oktober 2022 weitere 15 Monate Gefängnis . Die Justiz wirft ihr „Propaganda gegen das System“ vor.

Im Gefängnis wird Ihr fachärztliche Hilfe vorenthalten und sie wird psychischer und körperlicher Folter ausgesetzt.

Mit größter Sorge bewegen mich die zahllosen Berichte über Verhaftungen und das gewaltsame Vorgehen von Sicherheitskräften, die bei mir große Zweifel an der Rechtstaatlichkeit der Justizverfahren aufkommen lassen.

Ich appelliere an Sie, Frau Narges Mohammadi umgehend und ohne Auflagen freizulassen. Nach internationalen Rechtsstandards hat sie in keiner Weise eine strafbare Handlung begangen. Ihre Verhaftung ist willkürlich.

Außerdem appelliere ich an Sie, die Haftbedingungen in einem transparenten Verfahren zu untersuchen und die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. Ich bitte Sie herzlich, mir zu schreiben, was Sie unternommen haben.

Hochachtungsvoll

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Sarvenaz Ahmadi

Die Sozialarbeiterin, Übersetzerin und Kinderrechtsaktivistin Sarvenaz Ahmadi hat am 09. Mai 2023 ihre dreieinhalbjährige Gefängnisstrafe angetreten. Der Vorwurf gegen sie lautete „Propaganda gegen das Regime“.

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Aktuelle Pressemitteilungen der IGFM zur Menschenrechtssituation in Iran

1503, 2024

Statement Save Sharmahd Campaign

The #SaveSharmahd campaign is expressing its disappointment with the US and German governments and is once again calling on them to take action. The alliance is advocating for the release of Jamshid Sharmahd. The Iranian-born man, who holds both German and US citizenship, was abducted by the mullah regime over three years ago and taken to Iran, where he has been held captive ever since. 

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