Saba Kord Afshari

Die iranische Frauenrechtsaktivistin Saba Kord Afshari wurde im August 2019 vom Islamischen Revolutionsgericht in Teheran zu 24 Jahren Haft verurteilt, weil sie sich gegen den Verschleierungszwang einsetzte. Während ihrer Haft wurde Saba mehrfach zwischen dem Evin- und Qarchak-Gefängnis hin und her verlegt. Seit dem 9. Dezember 2020 wird sie wieder im Qarchak-Gefängnis festgehalten, seit Ende Januar sogar im Trakt für Kriminelle. Am 29. April 2022 wurde ihre Haftstrafe auf fünf Jahre reduziert.
Nach Ablegen des Kopftuchs in der Öffentlichkeit zu 24 Jahren Gefängnis verurteilt
Haftstrafe auf fünf Jahre reduziert
Saba Kord Afshari wurde 1998 geboren und lebt mit ihren Eltern in Teheran. Als Bürgerrechtsaktivistin setzt sie sich gegen die gesetzlich erzwungene Verschleierung im Iran ein. Im August 2019 wurde sie durch das Islamische Revolutionsgericht in Teheran wegen „Förderung von Verderbenstiften und Prostitution”, “illegaler Versammlung”, und “Propaganda gegen das Regime” zu insgesamt 24 Jahren Haft verurteilt. Der eigentliche Grund liegt darin, dass sie ihren Hijab in der Öffentlichkeit abgelegt hat. Am 9. Dezember 2020 wurde Saba vom Evin-Gefängnis in Teheran ins Qarchak-Gefängnis verlegt, das noch schlechtere hygienische Zustände vorweist als Evin. Am 26. Januar 2021 wurde Saba innerhalb der Qarchak-Mauern in den Trakt für kriminelle Gefangene verlegt – ein gezieltes Mittel, um Saba weiterer Gefahr auszusetzen! Nachdem sie im März 2021 positiv auf Covid-19 getestet wurde, musste Saba vorübergehend auf die Krankenstation verlegt werden, wo sie mit zusätzlichem Sauerstoff behandelt wurde. Mittlerweile wurde ihre Haftstrafe auf fünf Jahre reduziert.
Willkürliche Verurteilung und Verhaftung
Saba wurde zum ersten Mal verhaftet, als sie an einer friedlichen Protestversammlung im August 2018 in Teheran teilnahm. Sie wurde ins Qarchak-Gefängnis gebracht, das für seine unmenschlichen und erniedrigenden Verhältnisse bekannt ist. Dort wurde sie wiederholt unter Druck gesetzt, Video-Geständnisse abzulegen. Sie wurde schließlich wegen “Störung der öffentlichen Ordnung “ zu einem Jahr Haft verurteilt und in die Frauenabteilung des Evin-Gefängnisses gebracht. Im Februar 2019 wurde Saba vorerst freigelassen. Anfang Juni 2019 wurde sie erneut verhaftet und schließlich ins Evin-Gefängnis, das sich unter der Kontrolle der Revolutionsgarden befindet, gebracht und unter Druck gesetzt, ein Geständnis abzulegen. Weil sich Saba vehement weigerte, ein Geständnis abzugeben, verhaftete das Geheimdienstministerium sogar ihre Mutter, um den Druck auf Saba zu erhöhen. Anschließend wurde sie ins Qarchak-Gefängnis zurückgebracht und schließlich am 13. August 2019 in die Frauenabteilung von Evin verlegt. Der Zugang zu einem Anwalt wurde ihr verweigert. Am 9. Dezember 2020 wurde Saba wieder zurück nach Qarchak verlegt. Neben ihrem Aufenthaltsort wurde auch das Strafmaß seit ihrer Inhaftierung immer wieder willkürlich verändert: Nachdem im November 2019 ein Berufungsgericht ihre Haftstrafe auf neun Jahre reduziert hatte, wurde das Strafmaß ohne ein weiteres Gerichtsverfahren im Frühling 2020 wieder auf 24 Jahre heraufgesetzt. Im März 2021 wurde die Haftstrafe auf 7,5 Jahre reduziert. Am 29. April 2022 wurde die Haftstrafe erneut reduziert, diesmal auf fünf Jahre.
Verweigerung ärztlicher Behandlung
Saba Kord Afshari wird seit Anfang Oktober 2020 die Behandlung einer Knöchelverletzung verwehrt. Weil sie im Gefängnis nicht behandelt wurde und unter dem hohen Risiko einer Covid-19-Ansteckung nicht in ein öffentliches Krankenhaus begeben wollte, versuchte Afshari am 14. Oktober 2020 ihren Gips selbst zu entfernen. Am 28. Januar 2021 wurde Saba vom Sicherheitspersonal des Gefängnisses körperlich angegriffen. In der Folge berichtete sie von Verletzungen im Magen-Darm-Bereich. Zuvor wurden bei ihr bereits Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes diagnostiziert, die dringender medizinischer Behandlung bedürfen. Auch in diesem Fall wird ihr eine ärztliche Behandlung verweigert.Die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) berichtete bereits im September 2020 über die verheerenden Zustände in iranischen Gefängnissen während der Covid-19-Pandemie.
Harte Strafen für Proteste gegen Schleierzwang
Seit der Revolution im Jahr 1979 leiden Frauen unter diskriminierenden Gesetzen. Der Verschleierungszwang ist eines davon. Iranische Frauen versuchen seit vier Jahrzehnten durch friedlichen Protest, ihre Lebensbedingungen zu verbessern und ein Ende der diskriminierenden Gesetze herbeizuführen. Dafür riskieren sie drakonische Strafen. In der Islamischen Republik Iran gibt es keine schriftlichen Gesetze über den obligatorischen Hijab, in der Praxis werden Kopftuchzwang und eine islamische Kleiderordnung aber durch zahlreiche Strafverfolgungsbehörden durchgesetzt. Eine sogenannte Sittenpolizei überwacht die Straßen, um dafür zu sorgen, dass sich die Frauen an die ungeschriebenen Hijab-Regeln halten. Frauen, die sich dem Verschleierungsgesetz widersetzen, werden ermahnt oder verhaftet und zu hohen Gefängnisstrafen verurteilt. Am 31. Juli 2019 verurteilte das islamische Revolutionsgericht drei weitere Frauenrechtsaktivistinnen, Yasaman Aryani, ihre Mutter Monireh Arabshahi und Mojgan Keshavarz, wegen des Ablegens des obligatorischen Schleiers zu langjährigen Haftstrafen.
Auch die Beauftrage der Bundesregierung für Menschenrechtspolitik und Humanitäre Hilfe im Auswärtigen Amt, Bärbel Kofler, kritisierte die ursprünglich verhängte 24-jährige Haftstrafe als absurd lang. „Saba Kord Afshari hat sich friedlich für die Rechte der Frauen in Iran und gegen die Kopftuchpflicht eingesetzt. Sie hat sich ohne Kopftuch gezeigt und damit anderen Frauen Mut gemacht.“, so Kofler weiter.
Stand: Juni 2022