Russland: Jugend hinter Gittern

Zwei junge russische Kriegsgegner verbringen ihre Geburtstage erneut hinter Gittern: Egor Balasejkin wird 19 Jahre alt und Arsenij Turbin wird 17 Jahre alt.
Russland: Junge Kriegsgegner werden hinter Gittern todkrank
Egor Balasejkin und Arsenij Turbin „feiern“ Geburtstage im Gefängnis
Die IGFM fordert sofortige Freilassung von über 130 jugendlichen Kriegsgegnern in Russland
Frankfurt am Main / Moskau, 6. August 2025 – Zwei junge russische Kriegsgegner verbringen ihre Geburtstage erneut hinter Gefängnismauern: Egor Balasejkin wird am 6. August 19 Jahre alt, Arsenij Turbin begeht am 19. August seinen 17. Geburtstag. Die Gesundheit und die weitere körperliche Entwicklung der beiden politischen Gefangenen sind stark gefährdet. Die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) erinnert an das Schicksal dieser und vieler anderer verurteilten Jugendlichen und fordert ihre sofortige Freilassung. In Russland, das einen verbrecherischen Krieg gegen die Ukraine führt, richtet sich Putins Repressionsapparat zunehmend auch gegen die eigene Jugend.
„Russland kämpft nicht nur gegen die Ukraine, sondern auch gegen die eigene Zukunft. Mutige Jugendliche wie Egor und Arsenij, die ihre Stimme gegen den Krieg erhoben haben, werden zu Terroristen und Extremisten erklärt“, kommentiert Edgar Lamm, Vorsitzender der IGFM. „Wir fordern, dass Egor und Arsenij ihre Geburtstage nicht hinter Gittern, sondern in Freiheit verbringen können.“
Egor Balasejkin – schwer krank, 2024 in Gefängnis für Erwachsene verlegt
Egor Balasejkin wurde am 4. August 2006 geboren und stammt aus der Nähe von St. Petersburg. Im Februar 2023 wurde er verhaftet, nachdem er versuchte, ein leerstehendes Einberufungsgebäude mit einem Molotow-Cocktail zu beschädigen. Es entstand kein Sachschaden, dennoch wurde Egor wegen einer „versuchten terroristischen Handlung“ zu sechs Jahren Gefängnis verurteilt. Vor Gericht sagte er, es sei eine symbolische Protestaktion gegen den Krieg gewesen, die nicht gegen Menschen gerichtet wurde.
Arsenij Turbin – Wachstumsstörungen, verbüßt eine Haftstrafe in einer Strafkolonie für Heranwachsende
Arsenij Turbin stammt aus der Stadt Liwny in der Region Orjol. Am 20. Juni 2024 wurde er im Alter von 15 Jahren von einem Militärgericht in Moskau zu fünf Jahren Haft verurteilt – wegen des Verteilens von Flugblättern mit der Aufschrift „Brauchen Sie so einen Präsidenten?“. Er weigerte sich, den Krieg gegen die Ukraine zu unterstützen. Das Gericht warf ihm vor, radikal-extremistische Ansichten entwickelt und der Organisation „Legion Freies Russland“ nahegestanden zu haben – obwohl Arsenij erklärte, er habe aus eigenem Antrieb gehandelt und sei zu keiner Zeit Mitglied dieser Organisation gewesen.
Bestraft mit möglichen Entwicklungsstörungen und Gesundheitsschäden
Besonders dramatisch ist die gesundheitliche Situation von beiden Jugendlichen: Egor leidet an Autoimmunhepatitis und benötigt dringend medizinische Hilfe und lebenswichtige Medikamente. Dennoch wurde er am 11. November 2024 in das Gefängnis IK-5 in Metallostroj verlegt – ein Gefängnis für Erwachsene, das ihm nicht die notwendige medizinische Versorgung gewährleisten kann. Sein Gesundheitszustand verschlechtert sich zusehends. Seine Eltern berichten außerdem von einer beginnenden Wirbelsäulenverkrümmung.
Von Arsenijs Mutter ist uns bekannt, dass Arsenij ebenfalls unter gesundheitlichen Problemen leidet: Er wurde im Gefängnis geschlagen, und die IGFM konnte ihm psychologische Hilfe verschaffen. Dennoch wurde Arsenijs weitere körperliche Entwicklung im Gefängnis beeinträchtigt: Sein Wachstum kam zuerst zum Stillstand und dann nahm seine Körpergröße um 6 cm ab, sein Gewicht nimmt ebenso stetig ab, sein ganzer Körper ist mit Blasen von Allergien und blauen Flecken übersät. Er benötigt dringend eine angemessene Ernährung und medizinische Versorgung, um sich weiterhin normal entwickeln zu können.
Aus der Sicht der IGFM sind Egor und Arsenij beide haftunfähig und müssen umgehend freigelassen werden. Mit dieser Forderung und der Bitte, Leberfibrose in die Liste der Krankheiten aufzunehmen, die von einer Gefängnisstrafe befreien, wandte sich die IGFM im Juli an den Rat für die Entwicklung der Zivilgesellschaft und Menschenrechte beim Präsidenten der Russischen Föderation.
Kinder und Jugendliche hinter Gittern
Die IGFM hat Kenntnis von über 130 minderjährigen und jugendlichen Kriegsgegnern, die in Russland inhaftiert sind, viele davon wegen bloßer Meinungsäußerung oder symbolischer Protesthandlungen. In russischen Haftanstalten drohen ihnen Misshandlungen, unzureichende medizinische Versorgung und systematische Einschüchterung.
Die IGFM leistet auf verschiedenen Wegen Beistand, unter anderem im Rahmen ihres Programms „Politische Patenschaften für Gefangene“. So hat der Bundestagsabgeordnete Michael Brand die Patenschaft für Arsenij Turbin übernommen. Aktuell suchen wir dringend einen Paten für Egor Balasejkin.
Die IGFM schließt sich den Forderungen ehemaliger russischer politischer Gefangener an, die vor einem Jahr im Gefangenenaustausch zwischen Russland, Belarus und westlichen Ländern freigekommen sind: Bei allen Verhandlungen mit Russland und Belarus sollte die Freilassung der politischen Gefangenen an erster Stelle stehen.




