Atena Daemi
Die iranische Menschenrechtlerin Atena Daemi setzt sich besonders für die Rechte von Kindern sowie die Abschaffung der Todesstrafe ein. 2014 wurde sie verhaftet und zu einer 14-jährigen Haftstrafe verurteilt, die später auf die Hälfte reduziert wurde. In Haft wurde Daemi gefoltert und ihr medizinische Hilfe verweigert. Kurz vor ihrer Freilassung wurde sie erneut zu drei Jahren Gefängnis verurteilt, aus denselben Gründen wie 2014. Am 24. Januar 2022 wurde kam sie nach mehr als sieben Jahren aus der Haft frei. Seit Oktober 2023 befindet sie sich in Kanada im Exil.
Nach mehr als 7 Jahren aus der Haft entlassen
Atena Daemi (geboren 1988) ist eine iranische Menschen- und Kinderrechtsaktivistin. Ihr Einsatz gilt neben Kinderrechten vor allem der Abschaffung der Todesstrafe. Die Aktivistin fordert darüber hinaus die Aufarbeitung früherer Massenhinrichtungen in der Islamischen Republik und hat Informationen über politische Gefangene im Iran an ausländische Menschenrechtsorganisationen weitergegeben. Nach mehr als sieben Jahren Haft wurde sie am 24. Januar 2022 aus dem Gefängnis entlassen. Nach einer sechsmonatigen Flucht über den Irak, befindet sich Atena Daemi seit Oktober 2023 in Kanada, um dort ihre fortschreitende MS-Erkrankung behandeln zu lassen.
Erster Prozess
2014 verhafteten sie die iranischen Behörden und verurteilten sie wegen angeblicher “Propaganda gegen den Staat”, “Handlungen gegen die nationale Sicherheit” und “Beleidigung des Obersten Führers” zu 14 Jahren Gefängnis. Daemi hatte zuvor öffentlich die Todesstrafe im Iran kritisiert und an einer friedlichen Demonstration für Kinderrechte teilgenommen.
Von der Verhaftung am 21. Oktober 2014 bis zum Urteil saß Atena Daemi drei Monate in Einzelhaft. In dieser Zeit wurde sie mehreren, stundenlangen Verhören ausgesetzt, wodurch sich ihr Sehvermögen verschlechtert hat. Der eigentliche Prozess dauerte nur 15 Minuten. Die iranische Justiz verweigerte Daemi jede Möglichkeit, sich zu verteidigen. Nach großem internationalem Druck, u.a. durch den UN-Sonderberichterstatter für Menschenrechte und den Menschenrechtsausschuss des Europäischen Parlaments, kam sie am 15. Februar 2016 zunächst gegen Kaution auf freien Fuß, war aber ab dem 26. November 2016 erneut im Gefängnis.
Neue Verurteilung
Am 15. Februar 2017 verkürzte das Berufungsgericht ihre Haftstrafe auf sieben Jahre. Eigentlich hätte Daemi nach Verkürzung der Haftstrafe am 4. Juli 2020 freigelassen werden sollen. Am 2. Juli 2020 verurteilte ein Gericht sie und die befreundete Bürgerrechtsaktivistin Golrokh Iraee jedoch zu weiteren zwei Jahren Haft sowie 74 Peitschenhieben wegen “Beleidigung des Obersten Führers” und “Propaganda gegen den Staat”. Beide hatten zuvor die Hinrichtungen politischer Gefangener verurteilt und zum Jahrestag der Islamischen Revolution am 11. Februar öffentlich regierungskritisch geäußert. Am 16. März 2021 wurde sie ohne vorherige Ankündigung vom Evin-Gefängnis in Teheran ins Lakan-Gefängnis in Rasht im Nordiran verlegt, um ihr den Kontakt mit ihrer Familie zu erschweren.
Haftbedingungen
Daemi ist mehrfach Opfer von Gewalt und Demütigungen durch Polizisten und Wachpersonal geworden, die ihr auch Telefonate oder Besuche durch ihre Familie verweigerten. Als sie und ihre zwei Schwestern eine Beschwerde gegen gewalttägige Übergriffe einreichten, wurden alle drei wegen “Beleidigung eines Beamten” zu 91 Tagen Haft verurteilt. Daemi protestierte mit einem 40-tätigen Hungerstreik gegen die Verurteilung ihrer Schwestern. Durch die unhygienischen Bedingungen im Gefängnis und die unzureichende medizinische Versorgung hat sich ihr Gesundheitszustand stark verschlechtert. Die Menschenrechtlerin leidet u.a. an Nierenproblemen und Schwindelattacken. Erst nach weiteren, langen Protesten ermöglichte die Gefängnisleitung eine Gallen-Operation im Oktober 2017 in einem Krankenhaus. Ursprünglich sollte sie sogar während der Operation in Handschellen bleiben.
Am 26. Oktober 2021 wurde bekannt, dass Daemi bereits seit mehr als zwei Monaten der Telefonkontakt mit ihrer Familie verwehrt wird. Durch ihre Verlegung in das Lakan-Gefängnis, das sich mehrere Autostunden entfernt von ihrer Heimat befindet, ist Daemi nun weitgehend von ihren Angehörigen isoliert.
Nach ihrer Entlassung aus dem Gefängnis stellten Ärzte fest, dass Atena Daemi an MS erkrankt ist. Dies ist auch der Grund für ihre Flucht aus dem Iran. Seit Oktober 2023 befindet sich Daemi in Kanada, um dort ihre fortschreitende Krankheit behandeln zu lassen.
Todesstrafe im Iran
Die Führung der Islamischen Republik rechtfertig Hinrichtungen als elementaren Bestandteil des islamischen Rechtssystems, der Scharia. Atena Daemi argumentiert nicht nur grundsätzlich gegen die Todesstrafe, sondern kritisiert konkrete Urteile und die, im internationalen Vergleich extrem häufige, Vollstreckung im Iran. Die Verfahren sind sehr oft völlig intransparent, verstoßen gegen Grundsätze der Rechtsstaatlichkeit und bestrafen z.T. “Delikte”, die nach internationalen Menschenrechtsverträgen keine Straftaten darstellen.
Stand: Oktober 2023